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Bibliothek der Kirchenväter
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Œuvres Augustin d'Hippone (354-430) Confessiones Bekenntnisse
Zehntes Buch

5. Der Mensch kennt sich nicht vollständig.

Du, o Herr, bist es, der mich richtet; denn wenn auch „kein Mensch weiß, was im Menschen vorgeht, als nur der Geist des Menschen, der in ihm selbst ist“1, so S. 220 gibt es doch etwas im Menschen, was selbst der Geist nicht weiß, der in ihm selbst ist; du aber, o Herr, du kennst ihn ganz genau, denn du hast ihn geschaffen. Ich dagegen, wenn ich mich auch vor deinem Angesichte verachte und dem Staube und der Asche gleich erachte, weiß dennoch etwas von dir, was ich von mir nicht weiß. Allerdings „sehen wir jetzt rätselhaft durch einen Spiegel“, noch nicht „von Angesicht zu Angesicht“2; und solange ich fern von dir pilgere, bin ich deshalb mir gegenwärtiger als dir. Und gleichwohl weiß ich, daß du auf keine Weise verletzt werden kannst; welchen Versuchungen aber ich die Kraft habe zu widerstehen, welchen nicht, das weiß ich nicht. Meine Hoffnung ist nur, daß „du getreu bist, und uns nicht über unsere Kräfte wirst versuchen lassen, sondern mit den Versuchungen auch den Ausgang geben, daß wir ausharren können“3. Bekennen will ich also, was ich von mir weiß, bekennen will ich auch, was ich von mir nicht weiß; denn was ich von mir weiß, weiß ich nur durch deine Erleuchtung, und was ich von mir nicht weiß, das weiß ich solange nicht, bis meine „Finsternis wie Mittag“4 sein wird vor deinem Angesicht.


  1. 1 Kor. 2,11. ↩

  2. 1 Kor. 13,12. ↩

  3. 1 Kor. 10,13. ↩

  4. Is. 58,10. ↩

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