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Vom ersten katechetischen Unterricht (BKV)
4. Kapitel: Der Katechet soll sich als höchstes Ziel seiner ganzen Lehrunterweisung die von Christus gelehrte Liebe setzen
S. 2417. Was gäbe es aber für die Ankunft des Herrn für einen tieferen Grund, als daß er uns seine Liebe zu uns zeigen und eindringlich ans Herz legen wollte? „Denn da wir noch seine Feinde waren, ist Christus für uns gestorben1 “, und zwar deshalb, weil der Endzweck des Gebotes und die Fülle des Gesetzes in der Liebe besteht2 und damit ebenso auch wir einander lieben3 und für unsere Brüder unser Leben hingeben, wie er das seinige für uns hingab4 ; auch sollen wir dafür, daß Gott uns zuerst geliebt und seines einzigen Sohnes nicht geschont, sondern ihn für uns dahingegeben hat5 , ihm wenigstens unsere Gegenliebe schenken wollen, nachdem wir ihn nicht [aus eigenem Antrieb zuerst] lieben wollten. Nichts treibt ja so sehr zur Liebe an als die zuvorkommende Liebe, und gar zu hart wäre doch ein Herz, das nicht bloß nicht zuerst lieben, sondern nicht einmal Liebe mit Gegenliebe vergelten wollte. Wenn wir schon bei sündhaften und schmutzigen Liebesverhältnissen sehen, daß diejenigen, welche wiedergeliebt zu werden wünschen, nichts Angelegentlicheres zu tun haben als durch alle möglichen Beweise die Größe ihrer eigenen Liebe zu zeigen und daß sie es sogar als eine Forderung der Gerechtigkeit darzustellen suchen, daß diejenigen Personen, die sie zu verlocken trachten, Ihnen Gegenliebe gewähren müssen und daß sie selber noch heftiger entbrennen, wenn sie wahrnehmen, daß das gleiche Liebesfeuer endlich auch das Herz ihrer Geliebten in Wallung bringt, auf das sie es abgesehen haben: wenn also ein vorher kaltes Herz warm wird, falls es sich geliebt sieht, und wenn ein bereits warmes Herz noch mehr erglüht, sobald es merkt, daß es S. 242wiedergeliebt wird, dann ist es doch klar, daß die Liebe durch nichts mehr erregt und gesteigert wird, als wenn der noch nicht Liebende sich geliebt sieht oder wenn der, welcher selbst zuerst liebt, Gegenliebe erhofft oder bereits wirklich erfährt. Ist dies schon bei schändlichen Liebesverhältnissen der Fall, um wie viel mehr bei [wahrer] Freundschaft? Denn was fürchten wir bei einem Verstoß gegen die Freundschaft mehr als das, es könnte der Freund glauben, wir liebten ihn nicht oder wir liebten ihn weniger als er uns selbst liebt? Käme dieser Gedanke in ihm auf, so würde er gewiß in jener Liebe erkalten, deren sich die Menschen im gegenseitigen vertrauten Umgang erfreuen; und selbst wenn er nicht so schwach wäre, daß diese Kränkung seine Liebe ganz erkalten ließe, so würde er sich doch nur mehr in den Grenzen einer Liebe halten, die man nicht mehr um des Genusses, sondern nur um der Klugheit willen pflegt. Es ist übrigens der Mühe wert, darauf zu achten, in welchem Maße sich die Liebe eines Untergebenen entzündet, sobald er wahrnimmt, daß er vom Vorgesetzten geliebt wird, wenngleich auch die Vorgesetzten ihrerseits die Liebe ihrer Untergebenen wünschen, sich an ihrem eifrigen Gehorsam erfreuen und ihre Untergebenen um so mehr lieben, einen je größeren Gehorsam sie sehen. Denn da berührt die Liebe am angenehmsten, wo sie nicht aus armseliger Dürftigkeit, sondern aus der Fülle des Wohlwollens entspringt; jene Liebe ist eine Liebe aus dem Bewußtsein des eigenen Elends, diese aber entspringt aus erbarmender Güte. Und wenn erst der Niedrige gar nie auf Liebe von seiten des Höheren auch nur hoffen durfte, so wird eine ganz besonders feurige Liebesglut ihn entflammen, wenn sich der Höhere ganz aus freien Stücken dazu herabläßt, zu zeigen, wie sehr er den Niedrigen liebt, der es doch nie gewagt hätte, sich ein solches Glück zu versprechen. Wer aber steht höher als der richtende Gott und wer hätte mehr Grund [an seiner Liebe] zu zweifeln als der sündige Mensch, der sich um so vollständiger dem Schutz und der Dienstbarkeit jener stolzen Mächte überlassen hatte, die doch niemanden selig machen können, je mehr er voll Verzweiflung die Hoffnung S. 243aufgegeben hatte, es könnte sich vielleicht jene Macht seiner noch annehmen, die nicht durch Bosheit hoch stehen will, sondern die durch ihre Güte tatsächlich hoch steht!
8. Wenn also Christus hauptsächlich deshalb auf die Welt gekommen ist, damit der Mensch erkenne, wie sehr ihn Gott liebt und damit er es darum erkenne, damit er selbst den recht innig wieder liebe, von dem er zuerst geliebt worden ist6 und damit er auch den Nächsten liebe nach dem Befehl und dem Beispiel dessen, der unser Nächster geworden ist, nicht weil er einen Nächsten geliebt hat, sondern einen, der weit abgeirrt ist; wenn ferner die ganze Heilige Schrift, die vor Christus geschrieben wurde, nur zur Vorbereitung auf die Ankunft des Herrn geschrieben worden ist und wenn alles, was später aufgezeichnet und mit dem Charakter göttlicher Autorität ausgerüstet worden ist, nur die Predigt von Christus und die Ermahnung zur Liebe enthält, so ergibt sich offenbar, daß an diesen beiden Geboten der Gottes- und Nächstenliebe nicht bloß das Gesetz und die Propheten hängen7 — die übrigens bis zu diesem Ausspruch des Herrn die ganze Heilige Schrift bildeten —, sondern auch die ganze Heilige Schrift, die erst später zu unserm Heile verfaßt und uns überliefert worden ist. Demnach ist der Alte Bund das dunkle Vorbild des Neuen, der Neue Bund aber die Erfüllung des Alten. Nach jenem dunklen Vorbild leben die fleischlich Gesinnten, welche die Schrift nur fleischlich auffassen8 , damals wie jetzt unter dem Joche der Furcht vor der Strafe; nach dieser Erfüllung aber haben die geistig Gesinnten sowohl des Alten Bundes, denen wegen ihres frommen Anklopfens auch das Dunkel erhellt war, als auch die der Gegenwart, die darum nicht hochmütig grübeln, damit ihnen nicht auch das schon Erschlossene wieder verdeckt werde, durch das Geschenk der Liebe die wahre Freiheit erlangt. Weil nun der Liebe nichts mehr zuwider ist als der Neid, weil aber Mutter des S. 244Neides die Hoffart ist, so ist derselbe Herr Jesus Christus, der Gottmensch, sowohl das Wahrzeichen der göttlichen Liebe zu uns als auch das Beispiel der Demut, wie wir Menschen sie haben sollen: es sollte dadurch unser gewaltiger Stolz durch ein noch mächtigeres Gegenmittel geheilt werden. Eine große Armseligkeit ist nämlich ein stolzer Mensch, eine weit größere Erbarmung aber ist ein demütiger Gott. Diese Liebe also setze dir als höchstes Ziel, worauf deine ganze Rede abzielen muß, und dann halte deinen Vortrag so, daß dein Schüler durch Hören zum Glauben, durch den Glauben zur Hoffnung, durch die Hoffnung aber zur Liebe gelange.
Edition
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De catechizandis rudibus
CAPUT IV. Praecipua causa adventus Christi, charitatis commendatio. Ad dilectionem referenda esse quae de Christo ex Scripturis narrantur in catechismo.
7. Quae autem major causa est adventus Domini, nisi ut ostenderet Deus dilectionem suam in nobis, commendans eam vehementer? quia cum adhuc inimici essemus, Christus pro nobis mortuus est1. Hoc autem ideo, quia finis praecepti et plenitudo legis, charitas est2 ut et nos invicem diligamus, et quemadmodum ille pro nobis animam suam posuit, sic et nos pro fratribus animam ponamus3; et ipsum Deum, quoniam prior dilexit nos4, et Filio suo unico non pepercit, sed pro nobis omnibus tradidit eum5, si amare pigebat, saltem nunc redamare non pigeat. Nulla est enim major ad amorem invitatio, quam praevenire amando; et nimis durus est animus qui dilectionem si nolebat impendere, nolit rependere. Quod si in ipsis flagitiosis et sordidis amoribus videmus, nihil aliud eos agere qui amari vicissim volunt, nisi ut documentis quibus valent aperiant et ostendant quantum ament; eamque imaginem justitiae praetendere affectant, ut vicem sibi reddi quodam modo flagitent ab eis animis quos illecebrare moliuntur; ipsique ardentius aestuant, cum jam moveri eodem igne etiam illas mentes quas appetunt sentiunt: si ergo et animus qui torpebat, cum se amari senserit excitatur, et qui jam fervebat, cum se redamari didicerit magis accenditur; manifestum est nullam esse majorem causam qua vel inchoetur vel augeatur amor, quam cum amari se cognoscit qui [Col. 0315] nondum amat, aut redamari se vel posse sperat, vel jam probat qui prior amat. Et si hoc etiam in turpibus amoribus, quanto plus in amicitia? Quid enim aliud cavemus in offensione amicitiae, nisi ne amicus arbitretur quod eum vel non diligimus, vel minus diligimus quam ipse nos diligit? Quod si crediderit, frigidior erit in eo amore quo invicem homines mutua familiaritate perfruuntur: et si non ita est infirmus, ut haec illum offensio faciat ab omni dilectione frigescere; in ea se tenet, qua non ut fruatur, sed ut consulat diligit. Operae pretium est autem animadvertere, quomodo, quanquam et superiores velint se ab inferioribus diligi, eorumque in se studioso delectentur obsequio, et quanto magis id senserint, tanto magis eos diligant, tamen quanto amore exardescat inferior, cum a superiore se diligi senserit. Ibi enim gratior amor est, ubi non aestuat indigentiae siccitate, sed ubertate beneficentiae profluit. Ille namque amor ex miseria est, iste ex misericordia. Jam vero si etiam se amari posse a superiore desperabat inferior, ineffabiliter commovebitur in amorem, si ultro ille fuerit dignatus ostendere quantum diligat eum qui nequaquam sibi tantum bonum promittere auderet. Quid autem superius Deo judicante, et quid desperatius homine peccante? qui se tanto magis tuendum et subjugandum superbis potestatibus addixerat, quae beatificare non possunt, quanto magis desperaverat posse sui curam geri ab ea potestate quae non malitia sublimis esse vult, sed bonitate sublimis est.
8. Si ergo maxime propterea Christus advenit, ut cognosceret homo quantum eum diligat Deus; et ideo cognosceret, ut in ejus dilectionem a quo prior dilectus est, inardesceret, proximumque illo jubente et demonstrante diligeret, qui non proximum, sed longe peregrinantem diligendo factus est proximus; omnisque Scriptura divina quae ante scripta est, ad praenuntiandum adventum Domini scripta est; et quidquid postea mandatum est litteris et divina auctoritate firmatum, Christum narrat, et dilectionem monet: manifestum est non tantum totam Legem et Prophetas in illis duobus pendere praeceptis dilectionis Dei et proximi6, quae adhuc sola Scriptura sancta erat cum hoc Dominus diceret, sed etiam quaecumque posterius salubriter conscripta sunt memoriaeque mandata divinarum volumina Litterarum. Quapropter in Veteri Testamento est occultatio Novi, in Novo Testamento est manifestatio Veteris. Secundum illam occultationem carnaliter intelligentes carnales, et tunc et nunc poenali timore subjugati sunt. Secundum hanc autem manifestationem spirituales, et tunc quibus pie pulsantibus etiam occulta patuerunt, et nunc qui non superbe quaerunt, ne etiam aperta claudantur, spiritualiter intelligentes donata charitate liberati sunt. Quia ergo charitati nihil adversius quam invidentia; mater autem invidentiae superbia est: [Col. 0316] idem Dominus Jesus Christus, Deus homo, et divinae in nos dilectionis indicium est, et humanae apud nos humilitatis exemplum, ut magnus tumor noster majore contraria medicina sanaretur. Magna est enim miseria, superbus homo; sed major misericordia, humilis Deus. Hac ergo dilectione tibi tanquam fine proposito, quo referas omnia quae dicis, quidquid narras ita narra, ut ille cui loqueris audiendo credat, credendo speret, sperando amet.