Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XXII: De Neptuno et Salacia ac Venilia.
Iam utique habebat Salaciam Neptunus uxorem, quam inferiorem aquam maris esse dixerunt: ut quid illi adiuncta est et Venilia, nisi ut sine ulla causa necessariorum sacrorum sola libidine animae prostitutae multiplicaretur inuitatio daemoniorum? sed proferatur interpretatio praeclarae theologiae, quae nos ab ista reprehensione reddita ratione conpescat. Venilia, inquit, unda est, quae ad litus uenit; Salacia, quae in salum redit. cur ergo deae fiunt duae, cum sit una unda quae uenit et redit? nempe ipsa est exaestuans in multa numina libido uesana. quamuis enim aqua non geminetur quae it et redit, huius tamen occasione uanitatis duobus daemoniis inuitatis amplius commaculatur anima, quae it et non redit. quaeso te, Varro, uel uos, qui tam doctorum hominum talia scripta legistis et aliquid magnum uos didicisse iactatis, interpretamini hoc, nolo dicere secundum illam aeternam incommutabilem que naturam, qui solus est deus, sed saltem secundum animam mundi et partes eius, quos deos esse ueros existimatis. partem animae mundi, quae mare permeat, deum uobis fecisse Neptunum utcumque tolerabilioris erroris est. ita ne unda ad litus ueniens et in salum rediens duae sunt partes mundi aut duae partes animae mundi? quis uestrum ita desipiat, ut hoc sapiat? cur ergo uobis duas deas fecerunt, nisi quia prouisum est a sapientibus maioribus uestris, non ut di plures uos regerent, sed ut ea, quae istis uanitatibus et falsitatibus gaudent, plura uos daemonia possiderent? cur autem illa Salacia per hanc interpretationem inferiorem maris partem, qua uiro erat subdita, perdidit? namque illam modo, cum refluentem fluctum esse perhibetis, in superficie posuistis. an quia Veniliam pellicem accepit, irata suum maritum de supernis maris exclusit?
Traduction
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
22. Von Neptun, Salacia and Venilia.
Neptun hatte natürlich bereits seine Gemahlin Salacia, womit man das untere Wasser des Meeres bezeichnete; warum wurde ihr auch noch Venilia beigesellt? Band 1, S. 363Keine Spur von Begründung in einem gottesdienstlichen Bedürfnis; lediglich die Gier der geschändeten Seele zügelte immer neue Dämonen heran. Doch nein, jene famose Theologie soll mit ihrer Auslegung herausrücken und unsern Tadel durch Angabe der Begründung in Schranken weisen. „Venilia“, sagt Varro, „ist die Woge, die sich ans Gestade wälzt, Salacia die, die ins hohe Meer zurückflutet“. Warum denn zwei Göttinnen, da doch die herein- und die hinausflutende Woge die gleiche ist? Gerade da haben wirs ja: es ist die rasende Gier nach vielen Gottheiten. Das Wasser, das dahinflutet und zurückkehrt, ist nicht ein verschiedenes, und doch nimmt die Seele, die dahinflutet und nicht zurückkehrt1, diese törichte Vorstellung zum Anlaß, zwei Dämonen herbeizuzügeln, und befleckt sich dadurch noch mehr. Erklärt mir doch dies, Varro oder ihr, die ihr die einschlägigen Schriften so gelehrter Männer gelesen habt und euch etwas darauf zu gut tut, daß ihr daraus bedeutsame Kenntnisse gewonnen habt, deutet es mir, ich will nicht sagen auf einen Zusammenhang mit der ewigen und unwandelbaren Natur, die Gott allein ist, sondern nur wenigstens auf einen Zusammenhang mit der Weltseele und ihren Teilen, was ihr für die wahren Götter haltet. Daß ihr euch den Teil der Weltseele, der das Meer durchwaltet, zum Gott Neptunus gemacht habt, ist eine immerhin noch einigermaßen erträgliche Verirrung. Stellt denn aber wirklich die zur Küste flutende und ins Meer zurückflutende Woge zwei Teile der Welt oder zwei Teile der Weltseele dar? Wer von euch möchte eine solche Torheit annehmen? Warum haben dann eure weisen Vorfahren zwei Göttinnen daraus gemacht? Doch nur deshalb, weil sie dafür gesorgt haben, daß wieder mehr Dämonen, die an solchen Unwahrheiten und Täuschungen ihre Freude haben, von euch Besitz ergreifen, nicht aber daß sich eine größere Anzahl Götter um euere Leitung annehme. Warum wird ferner Salacia durch diese Auslegung um den unteren Teil des Meeres gebracht, durch den ihre Unterordnung unter Band 1, S. 364ihren Gemahl angedeutet ist? Denn nun versetzt ihr sie an die Oberfläche, da ihr aus ihr die zurückflutende Woge macht. Hat sie vielleicht ihren Gemahl aus den oberen Teilen des Meeres verbannt, erbost darüber, daß er die Venilia zur Maitresse nahm?
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d. i. die immer tiefer in den Bann der Dämonen verstrickt wird und den Weg zu Gott zurück nicht findet. ↩