9.
Daran nun erfreut sich die Braut Christi in der Hoffnung, dass ihr eigenes Heil sich erfüllt, und sie wünscht deshalb auch für dich eine Umkehr von den Mythen zur Wahrheit, damit du nicht, aus Angst vor Adonai, dem vermeintlichen Verführer, weiter bei der Schlange, dem raffiniertesten Verführer ausharrst. Adonai ist nämlich ein hebräisches Wort, und es lässt sich mit Herr übersetzen, und zwar in dem Sinn, wie einzig Gott als Herr bezeichnet wird. Vergleichbar ist das Wort latria, ein griechisches Wort, das mit Dienst übersetzt wird, worunter aber nicht jeglicher Dienst verstanden werden darf, sondern nur jener, der Gott geleistet wird. Und ebenso kann man das Wort amen mit wahrlich wiedergeben, und auch dieses Wort lässt sich nicht überall und in jedem Zusammenhang verwenden, sondern nur in der religiösen Sondersprache. Wenn man dich nun fragt, woher denn du diese Ausdrücke kennst, wirst du nichts anderes angeben können als die Schriften der Hebräer, oder Texte, die aus dem Hebräischen übersetzt sind. Die Kirche Christi fürchtet sich also nicht davor, dass man ihr diese Wörter entgegenhält, sie versteht sie und liebt sie, und unbedarften Spöttern schenkt sie keine Beachtung. Und wenn sie einige noch nicht versteht, dann vertraut sie darauf, dass es sich bei ihnen genau so verhält wie bei etlichen andern, denen sie früher begegnet ist, und die sie genauso vorerst nicht verstanden hat. Mag ihr doch jemand zum Vorwurf machen, dass sie Emmanuel ins Herz geschlossen hat: sie lacht über das Unwissen dieses Menschen, weist voller Liebe auf die wahre Bedeutung dieses Namens hin. Mag er ihr vorwerfen, dass sie den Messias liebgewonnen hat, sie schlägt den Feind vernichtend zurück und hält treu an ihrem Gesalbten Lehrer fest. So wünscht sie, dass auch du Heilung findest von den nichtigen Irrlehren und gebaut bist auf dem Fundament der Apostel und Propheten (Eph. 2,20). Das aber bezeichnest du als Hippokentauren (417,4), ohne zu wissen, wovon du redest, und beachtest dabei nicht, was dein Mythos für dich zustandegebracht hat, indem er in deinem Herzen teils aus deinem Gott, teils aus dem Land der Finsternis eine imaginäre Welt fabriziert. Ist das nicht genau jener Hippokentaur, halb Tier, halb Gott? Aber nein, euer Gebilde kann man nicht einmal als Hippokentauren bezeichnen! Was ist es aber wirklich? Hör hin, erröte vor Scham und lass deine Streitsucht, damit dich das Grauen packt über das Verderben, welches die verführerische Schlange über dich gebracht hat. Wenn du ihre Verschlagenheit, so wie Moses sie darstellte (cf. Gen. 3,1 ff.), noch für unglaubwürdig halten konntest, hättest du bei Paulus hellhörig werden müssen, der die wahre Kirche als reine Jungfrau zu Christus führen wollte (cf. II Kor. 11,2) und dabei folgendes sagte (ib. 3): Ich fürchte aber, wie die Schlange in ihrer Verschlagenheit Eva täuschte, könntet auch ihr in euren Gedanken von der aufrichtigen und reinen Hingabe an Christus abkommen. Als du das hörtest, warst du aber schon so von Sinnen und durch die vergifteten Einflüsterungen der Schlange so verrückt geworden, dass die gleiche Schlange, die schon vielen andern Häresien diese und jene Torheit aufgeschwatzt hat, dich auch noch davon überzeugen konnte, dass sie selber Christus ist. Wenn es nun aber so viele Häresien gibt, die, von den mannigfachen und vielgestaltigen Betrugskünsten der Schlange eingefangen, in die Irre gehen, die aber doch zugeben, dass jene Warnung des Apostels (II Kor. 11,3) berechtigt war, wie sehr musst du dich da an dein Hurenleben gewöhnt haben, wie tief schon in der Prostitution versunken sein, dass du ausgerechnet die Schlange für Christus hältst, die Eva verführt und verdorben hat, wie es der Apostel deutlich sagt (ib.), der mit dieser Warnung die jungfräuliche Braut Christi vor ihr schützen wollte? Sie, die sich mit dir in den Wahngebilden lichtdurchfluteter Haine wälzt, hat dein Herz verdunkelt. Welches sind ihre glaubwürdigen Verheissungen, wo sind sie, woher kommen sie? Betrunken bist du, aber nicht vom Wein (Is. 51,21).