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Œuvres Augustin d'Hippone (354-430) Gott ist die Liebe. Die Predigten des Hl. Augustinus über den 1. Johannesbrief
ZWEITE PREDIGT

Die zwei Weisen der Liebe

Der Erkenntnis folge die Liebe! Denn die Erkenntnis ohne die Liebe bringt kein Heil. „Das Wissen bläht auf, die Liebe erbaut“ (1 Kor. 8, 1). Wenn ihr nur bekennen und nicht lieben wolltet, wäret ihr den Dämonen ähnlich. Es bekannten auch die Dämonen Christus als den Sohn Gottes S. 30und riefen: „Was haben wir mit dir zu schaffen?“ (Matth. 8, 29), und sie wurden vertrieben. Bekennt und umfanget in Liebe! Jene fürchteten sich vor ihm wegen ihrer Sünden; ihr liebt ihn, weil er euch euere Sünden vergeben hat. Aber wie werden wir Gott lieben können, wenn wir die Welt lieben? Wenn wir die Welt lieben, dann trennt sie uns von der Liebe Gottes.

Es gibt zwei Weisen der Liebe, die Welt- und die Gottesliebe. Wo die Weltliebe wohnt, ist für die Gottesliebe kein Platz; darum weiche die Weltliebe und wohne in uns die Gottesliebe! Die bessere soll den Platz behaupten! Du liebtest die Welt, liebe sie nicht weiter! Erst wenn du die irdische Liebe aus deinem Herzen ausgegossen hast, kannst du die göttliche Liebe eingießen; dann erst nimmt die Liebe in dir Wohnung, aus der nichts Schlechtes hervorgehen kann.

Hört also jetzt die Worte dessen, der reinigt! Wie einen Acker findet er die Herzen der Menschen. Aber in welchem Zustand findet er ihn vor? Wenn er einen Wald findet, rodet er ihn; wenn einen gepflegten Acker, bestellt er ihn. Einen Baum will er da pflanzen, die Liebe. Und welchen Wald will er ausrotten? Die Weltliebe. Vernimm ihn, der den Wald rodet! „Liebt nicht die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn einer die Welt liebt, ist die Liebe des Vaters nicht in ihm“ (2, 15) (Tr. 2, 8).

Ihr habt es gehört: „Wenn einer die Welt liebt, ist die Liebe des Vaters nicht in ihm.“ Keiner sage bei sich, Brüder, daß dies falsch sei. Gott spricht, durch seinen Apostel hat der Heilige Geist gesprochen; nichts ist wahrer als dies: „Wenn einer S. 31die Welt liebt, ist die Liebe des Vaters nicht in ihm.“ Willst du die Liebe des Vaters haben, um Miterbe des Sohnes zu sein? So liebe nicht die Welt! Treib die schlechte Weltliebe aus und laß dich anfüllen mit der Liebe Gottes! Ein Gefäß bist du; aber noch bist du voll; gieß aus, was du hast, um zu empfangen, was du nicht hast! Gewiß sind unsere Brüder (d. h. die Neugetauften) bereits aus dem Wasser und dem Geiste wiedergeboren und wurden wir selbst schon vor Jahren aus dem Wasser und dem Geiste wiedergeboren. Es ist gut für uns, nicht die Welt zu lieben, damit die Sakramente nicht zum Verderben, sondern als Befestigung zum Heile in uns bleiben. Heilsbefestigung ist es, in der Liebe verwurzelt zu sein, nicht nur die äußern Frömmigkeitsformen, sondern zugleich ihre innere Kraft zu besitzen. Gut ist die Form und heilig; aber was ist die Form schon wert, wenn ihr die Wurzel fehlt? Wird ein abgeschnittener Zweig nicht ins Feuer geworfen? Besitze die Form, aber besitze sie mit der Wurzel!1 Wie aber faßt ihr Wurzel, so daß ihr nicht entwurzelt werdet? Indem ihr die Liebe festhaltet, wie der Apostel Paulus sagt: „In der Liebe eingewurzelt und begründet“ (Eph. 3, 17). Wie aber S. 32wird die Liebe Wurzel fassen können dort im Dickicht der Weltliebe? Rodet den Wald! Kostbaren Samen wollt ihr streuen; daß nur nichts auf dem Acker ist, was den Samen erstickt! Das sind die rodenden Worte, die er gesprochen hat: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist! Denn wer die Welt liebt, in dem ist nicht die Liebe des Vaters“ (Tr. 2, 9).

„Denn alles, was in der Welt ist, ist Fleischeslust und Augenlust und Hoffart des Lebens, und die sind nicht aus dem Vater, sondern sind aus der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit, wie auch er selbst in Ewigkeit bleibt“ (2, 16 f). Warum, sagst du, soll ich nicht lieben, was Gott geschaffen hat? Was willst du? Das Zeitliche lieben und mit der Zeit vergehen oder die Welt nicht lieben und in Ewigkeit mit Gott leben?

Der Strom der irdischen Dinge zieht dahin; aber wie ein Baum an diesem Strom ist unser Herr Jesus Christus gepflanzt. Er nahm Fleisch an, starb, stand auf, fuhr in den Himmel auf. Er wollte sich gleichsam neben den Strom des Vergänglichen pflanzen. Reißt dieser dich in den Abgrund? Halte dich fest am Baum! Treibt dich die Weltliebe? Halte Christus fest! Deinetwegen ist er in die Zeitlichkeit eingetreten, damit du Zugang zur Ewigkeit findest. Ging er doch so in die Vergänglichkeit ein, daß er die Ewigkeit nicht verlor. Du wurdest vergänglich durch die Sünde; jener stieg aus Barmherzigkeit zur Vergebung der Sünden in die Zeitlichkeit herab. Als Befreier, nicht als Bedrücker kam er zu einem Gefangenen. Der S. 33Herr hat für uns sein Blut vergossen, hat uns erlöst, hat unsere Hoffnung gewandelt. Noch tragen wir das sterbliche Fleisch und erwarten die kommende Unsterblichkeit. Noch treiben wir im Meere, aber den Anker der Hoffnung haben wir bereits an Land geworfen (Tr. 2, 10).

Aber lieben wir nicht die Welt noch was in der Welt ist! Denn was in der Welt ist, ist „Augenlust und Fleischeslust und Hoffart des Lebens“. Da mag einer einwenden: Was in der Welt ist, hat Gott geschaffen, den Himmel und die Erde, das Meer, die Sonne, den Mond, die Sterne, allen Schmuck des Himmels; alles Getier, das der Schmuck des Meeres ist, und den Schmuck der Erde: Tiere, Bäume und Vögel. Das alles ist in der Welt, Gott hat es geschaffen, warum soll ich Gottes Schöpfung nicht lieben? Der Geist Gottes sei in dir, damit du siehst, daß all das gut ist; aber weh dir, wenn du das Geschaffene liebst und dich vom Schöpfer abwendest! Schön ist die Schöpfung, aber um wieviel schöner ist der, der alles geschaffen hat. Durch Gleichnisse könnt ihr unterwiesen werden, daß nicht Satan sich an euch heranschleicht mit seiner gewohnten Einflüsterung: „Laßt euch’s wohl sein in der Schöpfung Gottes! Warum hat er das geschaffen, als darum, daß ihr es euch gut gehen laßt?“ Und sie berauschen sich daran und gehen zu Grunde und vergessen ihren Schöpfer. Wenn sie das Geschaffene nicht mit Maß, sondern voll Gier gebrauchen, verachten sie den Schöpfer. Von solchen sagt der Apostel: „Sie erwiesen Verehrung und Anbetung dem Geschöpf statt dem Schöpfer, der hochgelobt ist in alle Ewigkeit“ (Röm. 1, 25). Gott verwehrt S. 34es dir nicht, das Geschaffene zu lieben, aber du darfst es nicht so lieben, daß du deine Seligkeit darin findest, sondern sollst es anerkennen und preisen, um seinen Schöpfer zu lieben. Wie, Brüder, wenn ein Bräutigam seiner Braut einen Ring fertigen würde und diese nun den Ring, den sie erhielt, mehr lieben wollte als den Bräutigam, der ihn ihr gemacht hat; würde sie da nicht gerade am Geschenk des Bräutigams die Untreue ihres Herzens offenbaren, obgleich sie doch das liebte, was der Bräutigam ihr geschenkt hat? Gewiß würde sie das Geschenk des Bräutigams lieben; und doch möchte ich sein Gesicht nicht sehen, wollte sie sagen: Mir ist dieser Ring genug. Wer würde nicht solche Verblendung verabscheuen? wer eine solche Seele nicht der Untreue für überführt erachten? Du liebst das Gold statt des Mannes, du liebst den Ring statt des Bräutigams und willst von deinem Bräutigam nichts wissen. Dazu also gab er dir das Pfand, nicht um sich deiner zu versichern, sondern um dich von sich abzuwenden. Und doch gibt der Bräutigam das Unterpfand dazu, daß er selbst in seinem Pfände geliebt werde. Gott also hat dir all das gegeben; liebe ihn, der es geschaffen! Mehr noch will er dir geben, sich selbst, den Schöpfer. Wenn du aber den Schöpfer vernachlässigst und die Welt liebst, wird nicht deine Liebe, wie sehr auch Gott das geschaffen hat, für Untreue erachtet werden? (Tr. 2, 11.)

Als Welt wird nicht nur die äußere Schöpfung Gottes, Himmel und Erde, das Meer, das Sichtbare und Unsichtbare, bezeichnet; sondern auch die Bewohner der Welt werden „Welt“ genannt, wie man auch die Wände und die Bewohner S. 35„Haus“ nennt. Zuweilen loben wir das Haus und tadeln seine Bewohner. Sagen wir ja: ein gutes Haus, weil es aus Marmor ist und schön ausgetäfelt; und im andern Sinne sagen wir: ein gutes Haus; denn niemand erleidet da Unrecht, keine Übervorteilung und keine Unterdrückung gibt es da; jetzt loben wir nicht die Mauern, sondern ihre Bewohner. Beide Male jedoch sprechen wir von „Haus“. Ähnlich werden alle, welche die Welt lieben, weil sie mit Liebe in der Welt wohnen — wie die im Himmel wohnen, deren Herz droben ist, obgleich sie dem Fleische nach auf der Erde wandeln — ähnlich also werden alle, die die Welt lieben, „Welt“ genannt. Sie haben nur diese drei: Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens. Ihr Verlangen geht danach, zu essen, zu trinken, ein Weib zu haben, an derlei Vergnügungen sich zu ergötzen. Gibt es darin nicht ein rechtes Maß? Oder wollen die Worte: Liebet das nicht! etwa sagen, daß ihr nicht essen, nicht trinken, keine Kinder zeugen sollt? Das bedeutet es nicht. Sondern Maß sollt ihr halten um des Schöpfers willen, damit euch nicht die Liebe dazu in Fesseln schlage, damit ihr das nicht zum Genüsse liebt, was ihr zum Gebrauch haben dürft (Tr. 2, 12).

Wenn ihr das festhaltet, werdet ihr das Begehren nach der Welt nicht haben; und wenn ihr die Weltgier nicht habt, werden euch Augenlust, Fleischeslust und Hoffart des Lebens nicht unterjochen. Und ihr werdet der Liebe Platz schaffen, die Einkehr hält, so daß ihr Gott liebt. Denn wenn die Weltliebe dort ist, wird die Gottesliebe nicht dort sein. Haltet vielmehr die Gottesliebe fest, S. 36damit, wie Gott ewig ist, so auch ihr in Ewigkeit bleibt; denn jeder ist so, wie seine Liebe ist. Liebst du die Erde? So wirst du Erde sein. Liebst du Gott? Was soll ich nun sagen? So wirst du Gott sein? Ich wage es nicht, das aus eigenem zu sagen; hören wir die Schrift: „Ich sage, ihr seid Götter und Söhne des Allerhöchsten alle“ (Ps. 81, 6). Wenn ihr also Götter sein wollt und Söhne des Allerhöchsten, „so liebet nicht die Welt noch was in der Welt ist. Wenn einer die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Fleischeslust, die Augenlust und die Hoffart des Lebens, ist nicht aus dem Vater, sondern ist aus der Welt“, d. h. von den Menschen, welche die Welt lieben. „Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit, wie auch Gott in Ewigkeit bleibt“ (Tr. 2, 14).


  1. Nach Augustinus wirkt die Taufe unmittelbar und immer nur den sakramentalen „Charakter“, d. h. sie gibt eine wirkliche Zuordnung zu Christus, eine objektive Einbeziehung in den Leib Christi, mit der aber die Gnade nicht notwendig verbunden ist. Diese empfängt der einzelne erst durch die innere Liebesverbindung mit dem mystischen Christus, d. i. mit der Gemeinschaft derer, die bereits vom Geiste Christi, des Hauptes, belebt sind. ↩

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