• Accueil
  • Œuvres
  • Introduction Instructions Collaboration Sponsors / Collaborateurs Copyrights Contact Mentions légales
Bibliothek der Kirchenväter
Recherche
DE EN FR
Œuvres Augustin d'Hippone (354-430) Gott ist die Liebe. Die Predigten des Hl. Augustinus über den 1. Johannesbrief
FÜNFTE PREDIGT

Die Liebe, das Unterscheidungszeichen der Kinder Gottes und der Kinder des Teufels

S. 67(Ist die Deutung des Wortes, daß „Jeder, der aus Gott geboren ist, keine Sünde tut“, auf die Liebe, bzw. die Sünde gegen die Liebe auch nicht willkürlich, sondern sachlich begründet?) Möge also Johannes uns belehren, welche Sünde er meint, damit nicht etwa nur ich aufs Geratewohl erkläre, daß diese Sünde in der Verletzung der Liebe liege, weil er vorher sagte: „Wer seinen Bruder haßt, ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wohin er geht, weil die Finsternis seine Augen verblendet hat“ (2, 11). Vielleicht weist Johannes im Folgenden ausdrücklich auf die Liebe hin. Seht, daß jener zusammengehörige Textabschnitt dieses Ende hat, diesen Ausgang nimmt: „Jeder, der aus Gott geboren ist, sündigt nicht; denn sein Same bleibt in ihm.“ Der Same Gottes ist das Wort Gottes, weshalb der Apostel sagt: „Durch das Evangelium habe ich euch gezeugt“ (1 Kor. 4,15). „Ja, er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist.“ Sage er also und sehen wir, worin er nicht sündigen kann! „Darin sind die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels offenbar: Jeder, der nicht gerecht ist und der seinen Bruder nicht liebt, ist nicht von Gott“ (3, 9f). Jetzt ist es offenbar, weshalb er sagt: „Wer seinen Bruder nicht liebt.“ Die Liebe allein scheidet die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels. Mögen alle mit dem Zeichen des Kreuzes sich bezeichnen; mögen alle antworten Amen; mögen alle Alleluja singen; S. 68mögen alle getauft werden, in die Kirche eintreten, die Wände der Basiliken bilden1 — der Unterschied zwischen den Kindern Gottes und den Kindern des Teufels liegt einzig in der Liebe. Die die Liebe haben, sind aus Gott geboren; die sie nicht haben, sind nicht aus Gott geboren. Ein großes Zeichen, eine große Unterscheidung! Habe, was immer du willst. Hast du dies eine nicht, nützt es dir nichts; wenn du anderes nicht hast, so habe nur dies, und du hast das Gesetz erfüllt. „Denn wer den Nächsten liebt, der hat das Gesetz erfüllt“, sagt der Apostel, und: „Die Fülle des Gesetzes ist die Liebe“ (Röm. 13, 8.10). Ich glaube, daß das die Perle ist, die der Kaufmann nach der Schilderung des Evangeliums gesucht hat, jene Perle, die er fand und für die er alles verkaufte, was er hatte, und die er erwarb (vgl. Matth. 13,46). Das ist die kostbare Perle, die Liebe, ohne die dir nichts nützt, soviel du auch hast; und die dir genügt, wenn du sie und sonst nichts besitzest. Jetzt siehst du im Glauben, dereinst wirst du in der Schau sehen. Denn wenn wir lieben, wo wir nicht sehen, wie werden wir erst umfangen, wo wir sehen? Aber wie müssen wir uns darauf üben? Durch die Bruderliebe. Du kannst mir sagen: Ich habe Gott nicht gesehen! kannst du mir etwa auch sagen: Ich habe den Menschen nicht gesehen? Liebe den Bruder! Denn wenn du den Bruder, den du siehst, liebst, wirst du zugleich auch Gott schauen; denn du wirst die Liebe S. 69schauen, und in ihrem Innersten wohnt Gott (Tr. 5, 7).

„Wer nicht gerecht ist und wer seinen Bruder nicht liebt, ist nicht aus Gott. Denn das ist die Kunde“ — höre, wie er es bekräftigt —: „Denn das ist die Kunde, die wir von Anfang an vernommen haben, daß wir einander lieben sollen“ (3,10f.). Er macht es uns vollkommen klar, daß er mit Bezug darauf sagt: Wer gegen dieses Gebot handelt, der ist in jener verwerflichen Sünde, in die solche nicht fallen, die aus Gott geboren werden.

„Wundert euch nicht, Brüder, wenn euch die Welt haßt“ (3, 13). Wie oft muß ich es euch noch sagen, was die Welt ist? Die Welt in schlechtem Sinn sind jene, die die Welt lieben; die Welt in gutem Sinn sind Himmel und Erde und was an Werken Gottes darin ist. Darum heißt es: „Und die Welt ist durch ihn gemacht worden“ (Joh. 1, 10). Ebenso ist die Welt die ganze Erde, wie Johannes sagt: „Der Versöhner ist er nicht nur für unsere Sünden, sondern für die der ganzen Welt“ (2, 2). „Welt“ meint hier alle Gläubigen, die über den Erdkreis hin verstreut sind. Die Welt in schlechtem Sinn aber sind die, welche die Welt lieben. Die die Welt lieben, können den Bruder nicht lieben (Tr. 5, 9).

„Wenn uns die Welt haßt, so wissen wir“ — was wissen wir? „Daß wir vom Tode zum Leben übergegangen sind.“ Woher wissen wir es? „Weil wir die Brüder lieben.“ Niemand frage einen andern Menschen, jeder halte Einkehr in sein Herz! Wenn er dort die Bruderliebe findet, so sei er ohne Sorge; denn er ist vom S. 70Tod zum Leben übergegangen. Schon ist er auf der rechten Seite; nicht achte er darauf, daß seine Herrlichkeit jetzt verborgen ist; wenn der Herr kommt, dann wird das Leben in Herrlichkeit erscheinen. Schon jetzt besitzt er das Leben, aber noch wie im Winter. Die Wurzel ist voll Lebenskraft, aber die Zweige sind gleichsam noch dürr; innen ist das Mark, in dem der Saft quillt, innen sind die Blätter der Bäume, innen die Frucht; sie warten nur auf den Sommer. Also „wissen wir, daß wir vom Tode zum Leben übergegangen sind, weil wir die Brüder lieben. Wer nicht liebt, der bleibt im Tode“ (3, 14). Glaubt nicht, Brüder, daß es nicht darauf ankomme, zu hassen oder nicht zu lieben; hört noch, was folgt: „Jeder, der seinen Bruder haßt, ist ein Menschenmörder.“ Wird also einer, der den Haß gegen seinen Bruder nicht achtet, auch den Menschenmord in seinem Herzen schon gering achten? Er rührt die Hand nicht, um einen Menschen zu töten, und schon wird er vom Herrn für einen Mörder gehalten; jener lebt, und dieser wird bereits als Mörder verurteilt. „Jeder, der seinen Bruder haßt, ist ein Menschenmörder; und ihr wißt, daß kein Mörder das ewige Leben hat, das in ihm bleibt“ (3, 15) (Tr. 5, 10).

„Daran erkennen wir die Liebe“, die Vollkommenheit der Liebe meint er, jene vollkommene Liebe, die wir euch ans Herz gelegt haben; „Daran erkennen wir die Liebe, daß jener für uns sein Leben eingesetzt hat; und so müssen auch wir das Leben für unsere Brüder einsetzen“ (3, 16). Nun sieh den Sinn des „Petrus, liebst du mich? Weide meine Schafe!“

S. 71Damit ihr wißt, daß er nach seinem Willen seine Schafe so leiten sollte, daß er sein Leben für sie einsetzte, fügte er sogleich hinzu: „Da du ein Jüngling warst, gürtetest du dich selbst und gingest, wohin du wolltest; wenn du aber älter geworden bist, wird ein anderer dich gürten und wird dich bringen, wohin du nicht willst. Das aber sagte er — bemerkt der Evangelist —, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde“ (Joh. 21, 15 ff.), um den zu lehren, daß er sein Leben für seine Schafe einsetzen müsse, zu dem er gesagt hatte: „Weide meine Schafe“ (Tr. 5> II).

Wo aber nimmt die Liebe ihren Anfang, Brüder? Worin sie vollendet wird, das habt ihr gehört Ihr Ziel und Maß hat der Herr selbst im Evangelium nahegelegt: „Eine größere Liebe hat niemand, sagt er, als daß er sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Joh. 15, 13). Ihre Vollendung also zeigte er im Evangelium. Doch ihr fragt euch: Können wir je diese Liebe haben? Verzweifle nicht vorschnell! Vielleicht ist sie schon geboren, aber nur noch nicht vollendet; nähre sie, damit sie nicht ersticke! Doch du wirst mir sagen: Woher kann ich das wissen, daß sie in mir schon geboren ist? Von der Vollendung der Liebe haben wir gehört; vernehmen wir nun ihren Anfang! Johannes fährt fort mit den Worten: „Wer aber die Güter der Welt hat und seinen Bruder hungern sieht und sein Herz vor ihm verschließt, wie wird die Liebe Gottes in ihm bleiben können?“ (3, 17.) Siehe da, wo die Liebe ihren Anfang nimmt! Wenn du noch S. 72nicht bereit bist, für den Bruder zu sterben, so solltest du doch schon bereit sein, dem Bruder von deinen Gütern mitzuteilen. Möge die Liebe dein Herz bewegen, daß du nicht aus Ruhmsucht, sondern aus lauterster Barmherzigkeit handelst, daß du ihn rein in seiner Bedürftigkeit siehst. Denn wenn du dem Bruder nicht einmal von deinem Überfluß geben kannst, kannst du dann für ihn dein Leben einsetzen? An deinem Busen birgst du das Gold, das dir Diebe stehlen können; und wenn es nicht Diebe wegnehmen, wirst du es im Tode lassen müssen, auch wenn es dich bei Lebzeiten nicht verläßt. Was wirst du also tun? Es hungert dein Bruder, er befindet sich in einer Notlage; vielleicht ist er in großer Verlegenheit, von einem Gläubiger bedrängt; er besitzt selbst nichts, du hast etwas: Dein Bruder ist er; zumal seid ihr erkauft um den nämlichen Preis, beide seid ihr durch das Blut Christi erlöst; sieh, daß du dich seiner erbarmst, weil du weltliche Güter hast! Was geht das mich an?, sagst du vielleicht. Soll ich mein Geld hingeben, damit jener vor einer Unannehmlichkeit bewahrt bleibt? Wenn dir dein Herz so antwortet, dann bleibt die Liebe des Vaters nicht in dir. Wenn die Liebe des Vaters nicht in dir bleibt, bist du nicht aus Gott geboren. Wie kannst du dich da rühmen, ein Christ zu sein? Den Namen hast du wohl, die Taten hast du nicht. Wenn du aber mit dem Namen die Tat verbindest, dann mag einer dich einen Heiden schelten, du erweise dich durch die Tat als Christ! Denn wenn du dich nicht im Werk als Christ erweisest, mögen alle dich einen Christen nennen, S. 73was nützt dir der Name, wo dir die Wirklichkeit fehlt? „Wer aber die Güter der Welt hat und seinen Bruder Not leiden sieht und sein Herz vor ihm verschließt, wie kann die Liebe Gottes in einem solchen bleiben?“ Und Johannes fährt fort: „Kindlein, nicht nur im Worte und nicht bloß mit der Zunge laßt uns lieben, sondern in der Tat und in der Wahrheit!“ (3, 18) (Tr. 5, 12.)


  1. Augustinus meint damit die große Menge der Gleichgültigen, die an hohen Festtagen die Kirche füllten. ↩

pattern
  Imprimer   Rapporter une erreur
  • Afficher le texte
  • Référence bibliographique
  • Scans de cette version
Traductions de cette œuvre
Gott ist die Liebe. Die Predigten des Hl. Augustinus über den 1. Johannesbrief
Commentaires sur cette œuvre
Einleitung: Gott ist die Liebe. Die Predigten des Hl. Augustinus über den 1. Johannesbrief

Table des matières

Faculté de théologie, Patristique et histoire de l'Église ancienne
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Mentions légales
Politique de confidentialité