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Da sich aber Celsus auch über den sogenannten „Antichrist“ beiläufig äußert, ohne jedoch das S. 589 gelesen zu haben, was bei Daniel1 oder bei Paulus2 von ihm gesagt ist, oder was in den Evangelien von dem Heiland über seine Ankunft geweissagt wird3 , so müssen auch wir einiges über ihn sagen. „So wenig die Gesichter der Menschen sich gleichen, so wenig gleichen sich die Herzen derselben“4 . Es ist klar, dass in den Herzen der Menschen wohl Unterschiede vorhanden sein dürften, sowohl derjenigen, die der Tugend zugewandt sind, da nicht alle in gleicher und einander ähnlicher Weise dafür gebildet und gestaltet sind, als auch jener Menschen, die wegen Vernachlässigung des sittlich Guten zum Gegenteil hinstreben; denn bei diesen ist die Sünde teils sehr stark, teils weniger stark verbreitet. Ist es also ungereimt, dass sozusagen zwei Gipfelpunkte bei den Menschen entstehen, der eine des sittlich Guten und der andere des Gegenteils, so dass der Gipfelpunkt des Guten in der Person Jesu liegt, insofern er als der Mensch betrachtet wird, von welchem dem Geschlechte der Menschen Bekehrung, Heilung und Besserung in so hohem Grade zugeflossen ist, der Gipfelpunkt des Bösen aber in der Person des sogenannten Antichristen? Da aber Gott alles mit seiner Vorsehung umfaßte und das Wirken dieser beiden Gegensätze voraussah, so wollte er den Menschen davon durch seine Propheten Kenntnis geben, damit diejenigen, welche ihre Worte vernähmen, für das Gute gewonnen würden und sich vor dem Bösen hüten. Der eine, und zwar der beste der beiden Höhepunkte mußte aber wegen seiner überragenden Bedeutung „Sohn Gottes“, und der diesem völlig entgegengesetzte „Sohn des bösen Dämons und des Satans und Teufels“ genannt werden.
Da sich ferner dann ganz besonders das Schlechte in der Ausbreitung und Steigerung der Sünde kenntlich macht, wenn es den Schein des Guten annimmt, so ist deshalb die Erscheinung dieses Bösen infolge der Mitwirkung seines Vaters, des Teufels, von Zeichen und Wundern und Kräften der S. 590 Lüge begleitet5 . Denn die Unterstützung, die die Zauberer von den Dämonen erhalten, wird von dem Beistand übertroffen, den der Teufel selbst den schlechtesten der die Menschen betrügenden Wesen zur Verführung des Menschengeschlechtes leistet.
