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Was nun aber die jüdischen Propheten betrifft, so waren die einen von ihnen bereits vor ihrem Prophetentum und ihrer göttlichen Eingebung weise Männer, während die anderen erst durch die Berufung zum Prophetenamt Erleuchtung des Geistes und Weisheit empfingen. Sie wurden von der Vorsehung auserwählt, um mit dem göttlichen Geiste betraut zu werden und die von ihm erteilten Weissagungen zu vermitteln, weil sie ein beispiellos standhaftes und freimütiges Leben führten und sich durch die Furcht vor Tod und vor Gefahr durchaus nicht erschrecken ließen. Die S. 648 Vernunft selbst fordert ja, dass die Propheten des allmächtigen Gottes so beschaffen seien, dass ihnen gegenüber die Standhaftigkeit eines Antisthenes, Krates und Diogenes als Kinderspiel erscheint. So wurden sie also wegen ihres Eifers für die Wahrheit und ihrer freimütigen Zurechtweisung der Sünder „gesteinigt, zersägt, gefoltert, durch das Schwert getötet. Denn sie gingen umher in Schafpelzen, in Ziegenfellen, Mangel leidens, [bedrängt], mißhandelt, in Wüsten und Gebirgen, in Höhlen und Klüften der Erde irrten sie umher, deren der irdische Schmuck nicht wert war“1 ; immer hatten sie dabei Gott und seine unsichtbaren und sinnlich nicht wahrnehmbaren Güter vor Augen, die gerade deshalb „ewig dauern“2 . Wir lesen in der Schrift, welches Leben ein jeder von den Propheten geführt hat; es genügt aber hier, auf das Leben des Moses hinzuweisen - denn auch von ihm werden Prophezeiungen, die im Gesetz aufgezeichnet sind, berichtet -, auf das des Jeremia, das in dem Buche geschildert ist, welches seinen Namen trägt, und auf das des Jesaja, der alle Abhärtung überbot, da er drei Jahre lang „leicht bekleidet und barfuß“ ging3 .
Man betrachte ferner das strenge Leben von Jünglingen, von Daniel und seinen Genossen, die, wie wir in der Schrift lesen, nur Wasser tranken, nur Hülsenfrüchte aßen und sich des Fleischgenusses enthielten4 . Und wenn du kannst, so betrachte auch die früheren Zeiten, als Noah weissagte5 und Isaak wie ein Prophet über seinem Sohne betete6 und Jakob zu jedem seiner zwölf Söhne sprach: „Kommet her zu mir, dass ich euch verkünde, was in den letzten der Tage geschehen wird“7 . Diese nun und „tausend andere“, S. 649 die im Namen Gottes weissagten, haben auch das Kommen und Leiden Jesu Christi vorhergesagt. Deshalb „achten wir für nichts, was von der Pythia oder den Priesterinnen von Dodona oder von dem8 in Klaros oder bei den Branchiden oder im Tempel des Ammon oder von tausend anderen“ sogenannten „Sehern vorher verkündet worden ist“. Dagegen bewundern wir „die Weissagungen der Propheten in Judäa“; denn wir sehen, dass das strenge, standhafte und ehrbare Leben dieser Männer würdig war des Geistes Gottes, der auf eine neue Art, die mit den Orakeln der Dämonen nichts gemein hatte, seine Weissagungen gab.
