2. Die Pneumatomachen.
S. 394 Die Irrlehre, gegen die sich Athanasius in seinen Briefen an Serapion wendet, ist nur ein Ableger des Arianismus, Die katholische Lehre in der lehramtlichen Fassung des Nicänums konnte von vornherein dem Heu ligen Geiste nur die gleiche göttliche Wesenheit zuschreiben wie dem Vater und dem Sohn; denn die mit der Wesensgleichheit des Sohnes und Vaters gegebene Einheit der Trinität kann nur festgehalten werden, wenn der Heilige Geist als wesensgleiches Glied neben Vater und Sohn tritt. Der arianische Subordinatianismus dagegen konnte weder die Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater noch die Gottheit des Heiligen Geistes anerkennen. Er mußte vielmehr den Heiligen Geist noch unter den Sohn herabdrücken. Der Sohn ist vom Vater geschaffen und ist seinerseits wieder der Schöpfer alles dessen, was außer ihm existiert; er hat auch den Heiligen Geist geschaffen, der sein erstes und bestes Geschöpf ist.
Gegenstand theologischer Erörterung wurde die Frage nach der Wesenheit des Heiligen Geistes erst in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts, als der Arianismus deutlich in mehrere Richtungen auseinanderstrebte. Unter den Semiarianern, die von einer Wesensähnlichkeit des Sohnes mit dem Vater redeten, kamen viele der rechtgläubigen Anschauung von der Homöusie des Sohnes mit dem Vater sehr nahe; um so mehr behaupteten aber manche aus ihnen eine Wesensverschiedenheit des Heiligen Geistes gegenüber dem Vater und dem Sohne. Wenn wir von jener Richtung absehen, der Männer wie Eusebius von Nikomedien und Eusebius von Cäsarea zugehörten, wurden solche Anschauungen besonders durch Eustathius von Sebaste1, Georg von Laodikea und Basilius von Ankyra2 vertreten. Alle diese Bestreiter der Gottheit des Heiligen Geistes, sogar S. 395 mit Einschluß der Vorkämpfer des strengen Arianismus, konnte man daher Pneumatomachen nennen. Im Gegensatz zu allen strengeren Richtungen des Arianismus versteht man jedoch unter Pneumatomachen im eigentlichen Sinn jene Semiarianer, die die Gottheit des Sohnes zugeben wollten, die Gottheit des Heiligen Geistes aber leugneten3. Diese leiteten den Ursprung des Heiligen Geistes aus der schöpferischen Tätigkeit des Sohnes her4. Sie erklärten den Heiligen Geist für einen vom Sohn geschaffenen dienenden Geist, der von den Engeln nur dem Grade nach verschieden sei5. In der Folge wurden die Anhänger dieser Lehre nach Macedonius6, -seit 341 Bischof von Konstantinopel und 360 von den strengern Arianern abgesetzt, nachweislich seit 380 Macedonianers7 oder nach Marathonius, Bischof von Nikomedien, auch Marathonianer genannt.
Die Vertreter des nicänischen Glaubens wandten sich sogleich auch gegen diese Irrlehre, allen voran Athanasius, in der Folge besonders Basilius, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa und Didymus von Alexandrien. Schon 362 erklärte auch die von Athanasius zu Alexandrien abgehaltene Synode als erste, der Heilige Geist sei „derselben Wesenheit und Göttlichkeit wie der Vater und Sohn, und in der Trinität sei nichts Geschaffenes, nichts Niedrigeres und Späteres8. In gleichem Sinn sprach sich eine römische Synode9 unier Papst Damasus (374) und eine gallische10 Synode S. 396 (375) aus. Das zweite allgemeine Konzil zu Konstantinopel (381) endlich, auf dem unter Führung des Eleusios von Kyzikos und Marcianus von Lampsakos sechsunddreißig Pneumatomachen erschienen, sicherte die katholische Glaubenslehre durch die Formulierung, daß der Heilige Geist vom Vater ausgehe und somit dieselbe Wesenheit besitze wie der Sohn und der Vater. Kaiser Theodosius11 untersagte schließlich den Pneumatomachen neben Arianern und Eunomianern die Verkündigung ihrer Lehre und die Feier ihres Gottesdienstes (383 und 384). Später nahm ihnen Nestorius in Konstantinopel und Kyzikos ihre Kirchen weg12. Dadurch wurden viele zur Rückkehr genötigt; der Rest starb allmählich aus.
Basilius, Epist 268, 3; vgl. F. Loofs, Eustathius von Sebaste, Halle 1898. ↩
Über Georg von Laodikea und Basilius von Ankyra s. Epiphanius, Haer. 78; vgl J. Gummerus, die homöusianische Partei bis zum Tode des Konstantins, Leipzig 1900, 25. 29. 31. ↩
Vgl. Athan., Epist. ad Ser. 1, 2; Epiph., Haer. 74. ↩
Athan., l. c. 1, 7 ss. ↩
Athan., Epist. ad Serap. 1, 1; Epist. ad Jov. imp. 1. Basilius, Epist. 212, 2. Epiphanius, Haer. 74. ↩
Vgl. Sozomenus, Hist. eccl. 4, 27. Basil, Epist. 125. Gregor Naz., or. 41, 7; or. theol. 5, 7. Greg. Nyss., Quod non s. tres dii (Migne, l. c. 45, 125). Didymus, de Trinit 2, 8, 1. ↩
Vgl. Hieronymus, Übersetzung der Chronik des Eusebius; ad ann. Abrah. 2358 und 2375, ed. Schoene II 193. 195. Didymus de Trin. 3, 38 (Migne, l. c. 39, 977). S. Loofs, Macedonius: Hertzog-Hauck, Protest. Realencykl. 12, 41—48. ↩
Rufinus, Hist. eccl. 1, 29 Migne, Patrol. Lat. 21, 499). ↩
Damasus, Epist. 4. ad Paul. Antioch. (Migae, Patrol. Lat. 13, 558) ↩
Theodoret., Hist. eccl. 4, 8 (Migae, Patrol. Gr. 82, 1138). ↩
Cod. 16, 5, 11. 12. 13, ed. Hänel 1530 ff., vgl. 1530 not. u. S. Sozomenus, Hist. eccl 7, 14. ↩
Socrates, Hist. eccl. 7, 31. ↩
