1. Antwort
Gehorcht indeß Jemand läßig den Geboten des Herrn, so müssen Anfangs Alle mit ihm wie mit einem Kranken S. 112 Mitleid haben und muß der Vorgesetzte versuchen, durch besondere Ermahnungen seine Schwachheit zu heilen; beharrt er aber in dem Ungehorsame und nimmt keine Zurechtweisung an, so muß er ihm vor der gesammten Bruderschaft einen nachdrücklichen Verweis geben und ihn durch unabläßiges Ermahnen zu heilen suchen. Geht er aber auch dann nicht in sich und zeigt keine thatsächliche Besserung, so müssen wir ihn, weil er sein eigener Verderber ist, wie das Sprüchwort sagt, zwar unter vielen Thränen und Seufzen, aber doch als ein unverbesserliches und ganz unnützes Glied nach dem Beispiele der Ärzte von dem gemeinsamen Körper abschneiden. Denn auch diese pflegen jedes Glied, welches sie von einer unheilbaren Krankheit ergriffen finden, damit der Schaden nicht weiter um sich greife und die zunächst liegenden Theile anstecke, durch Schneiden und Brennen zu entfernen. Eben Dieses müssen wir auch mit Denjenigen thun, welche die Gebote des Herrn hassen und hindern, nach der Vorschrift des Herrn selbst, der sagt: „Wenn dich dein rechtes Auge ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir.“1 Denn die Nachsicht mit Solchen gleicht der unverständigen Nachsicht des Heli, der dieselbe wider den Willen Gottes bei seinen Söhnen anwandte und deßhalb gestraft wurde. Daher ist eine anscheinende Nachsicht gegen die Schlechten ein Verrath an der Wahrheit, eine Schädigung des Gemeinwohls, eine Gewöhnung an Gleichgiltigkeit gegen das Böse, indem nicht mehr geschieht, was geschrieben steht: „Warum trauert ihr nicht vielmehr, auf daß fortgeschafft werde aus eurer Mitte, der dieses Werk vollbracht hat?“2 sondern unausbleiblich das Folgende geschieht: „Ein wenig Sauerteig verdirbt den ganzen Teig.“3 „Die Fehlenden aber,“ sagt der Apostel, „weise Angesichts Aller zurecht,“4 und sofort die Ursache davon anführend fährt er fort: „Damit auch die Übrigen Furcht haben.“
