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Daher müssen die Ersten selbst das von unserm Herrn Jesus Christus überlieferte Maß der Demuth beobachten, um ein vollkommenes Vorbild zu werden. Denn „lernt von mir,“ sagt er, „denn ich bin sanftmüthig und demüthig von Herzen.“1 Ein solches Benehmen und ein demüthiges Herz soll daher den Vorsteher kennzeichnen. Denn wenn der Herr sich nicht scheute, seine eigenen Diener zu bedienen, sondern sich herabließ, ein Diener der Erde und des Kothes zu sein, den er selbst gebildet und zu einem Menschen gestaltet hatte, — denn sagt er: „Ich bin in eurer Mitte wie einer, der dient;“2 — was müssen wir S. 143 dann nicht unsers Gleichen thun, um zu glauben, seine Nachahmung vollkommen erreicht zu haben! Dieß ist eins, was ein Vorsteher haben muß. Dann muß er barmherzig sein und geduldig gegen Diejenigen, welche aus Unerfahrenheit irgend eine Pflicht versäumen, zu Sünden nicht stillschweigen, aber sich gegen Widerspänstige mit Sanftmuth benehmen und ihnen mit aller Milde und Mäßigung die Heilmittel beibringen. Ferner muß er fähig sein, das für die Krankheit passende Heilmittel aufzufinden, nicht mit Anmaßung anherrschen, sondern mit Sanftmuth ermahnen und zurecht weisen, wie geschrieben steht, wachsam bezüglich des Gegenwärtigen, vorsorglich für das Zukünftige, fähig, den Starken beizustehen, die Schwachheiten der Unmächtigen tragen und im Stande, Alles zu thun und zu reden, was zur Vervollkommnung der Genossen dient. Er darf sich nicht selbst das Vorsteheramt nehmen, sondern muß von den Vorstehern der anderen Brüdergemeinden gewählt werden und in seinem früheren Leben einen hinlänglichen Beweis von seinem Charakter gegeben haben. „Denn auch diese,“ heißt es, „müssen zuvor geprüft werden, dann mögen sie das Amt bekommen, wenn sie untadelhaft sind.“3 Ist nun auf diese Weise ein Solcher in das Vorsteheramt eingesetzt, so stelle er in der Brüderschaft eine gute Ordnung her und theile einem Jeden die Arbeit so aus, wie er dazu tauglich ist.
