2.
Wenn aber der Fremde aus Unwissenheit an einen Anderen Fragen stellte und der Gefragte auch hinlänglich antworten könnte, so soll er doch der Ordnung wegen schweigen und ihn an Den verweisen, dem dieses Amt anvertraut ist, wie die Apostel bei dem Herrn gethan haben, damit die Rede mit Ordnung und Anstand vor sich gehe. Denn ist bei der Heilung der Körper nicht einem Jeden gestattet, bei den Kranken Arznei oder Eisen anzuwenden, sondern nur Demjenigen, der sich durch eine lange Erfahrung, Übung und Unterricht bei kundigen Männern die Kunst angeeignet hat; was ist denn für ein Grund, daß zur Heilung durch die Rede sich der erste Beste aufdrängen soll, zumal hierin das kleinste Versehen den größten Schaden verursacht? Denn bei denen nicht einmal die Austheilung des Brodes dem ersten Besten überlassen wird, sondern dem Einen zusteht, der zu diesem Dienste auserwählt ist, wie soll bei ihnen nicht vielmehr die geistige Nahrung S. 147 mit Auswahl und Umsicht von einem Befähigten den darum Bittenden gespendet werden? Es ist daher ein Zeichen von nicht gewöhnlicher Anmaßung, über das Gericht Gottes gefragt sich heraus zu nehmen ohne Scheu und Überlegung zu antworten und nicht an Den zu verweisen, dem die Verwaltung des Wortes übertragen ist, der wegen seiner vollkommenen Zuverläßigkeit auch zum verständigen Verwalter gewählt wurde, die geistige Speise zur rechten Zeit zu spenden und seine Reden mit Überlegung einzurichten, wie geschrieben steht.1 Entgeht aber Dem, welchem zu antworten obliegt, Etwas, und ein Anderer findet es, so soll er sich nicht beeilen, ihn sofort zurecht zu weisen, sondern ihm das Betreffende heimlich beibringen. Denn andrerseits gibt es Veranlassung, daß sich die Niederen gegen die Oberen erheben, weßhalb denn auch Einer, der zwar nützlich, aber gegen die Ordnung antwortet, der Strafe der Störung verfällt.
Luk. 12, 42. ↩
