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Daher ist auch das erste durch das zweite zu erfüllen und durch das zweite wiederum zum ersten zurückzukehren, und wer den Herrn liebt, der liebt folglich auch den Nächsten. „Denn wer mich liebt,“ sagt der Herr, „der wird auch meine Gebote halten.“1 „Das aber ist mein S. 61 Gebot,“ sagt er ferner, „daß ihr euch einander liebet, wie ich euch geliebt habe.2 Und wiederum, wer den Nächsten liebt, der erfüllet auch die Liebe gegen Gott, indem Gott diese Wohlthat annimmt, als sei sie ihm selbst erwiesen. Daher zeigte auch Moses, der treue Diener Gottes, eine solche Liebe gegen seine Brüder, daß er sogar aus dem Buche Gottes, in welches er geschrieben war, ausgelöscht zu werden verlangte, wenn dem Volke die Sünde nicht vergeben würde.3 Paulus wagte selbst von Christus zu bitten, statt seiner ihm dem Fleische nach verwandten Brüder ausgestossen zu werden,4 denn er wollte nach dem Beispiele Christi selbst ein Lösegeld werden zur Rettung Aller; zugleich wußte er aber auch, daß Derjenige unmöglich von Gott getrennt werden könne, der aus Liebe zu ihm zur Erfüllung des höchsten Gebotes auf die Gnade verzichte, und daß er deßwegen viel mehr empfangen werde, als er gegeben habe. Daß sich denn doch die Heiligen zu diesem Maße der Nächstenliebe aufgeschwungen haben, davon ist das Gesagte ein hinlänglicher Beweis.
