1. Antwort
Sehr trägt zur Verhütung ausschweifender Gedanken auch das Wohnen in der Abgeschiedenheit bei. Denn daß das Zusammenleben mit Solchen, die ohne Scheu und mit Verachtung die genaue Beobachtung der Gebote unterlassen, schädlich sei, zeigen schon die Worte Salomons, der uns die Lehre gibt: „Schließ keine Freundschaft mit einem zornmüthigen Manne, noch wohne bei einem jähzornigen Freunde, damit du nicht etwa seine Wege lernest und deiner Seele Schlingen legest.1 Und die Worte: S. 67 „Gehet heraus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der Herr“2 sagen Dasselbe. Damit wir also weder durch die Augen noch durch die Ohren Lockungen zur Sünde aufnehmen und uns unbemerkt an sie gewöhnen und nicht gleichsam Bilder und Abdrücke von dem Gesehenen und Gehörten in der Seele bleiben zu ihrem Verderben und Untergange, und damit wir im Gebete verharren können, so ist das Erste, daß wir uns häuslich absondern. Denn so werden wir auch die frühere Lebensweise, in welcher wir den Geboten Christi zuwider lebten, überwinden — dieser Kampf aber, seiner Gewohnheit Herr zu werden, ist nicht leicht; denn eine durch die Länge der Zeit erstarkte Gewohnheit erhält die Stärke der Natur — und die Makeln der Sünde sowohl durch anhaltendes Gebet als durch beständige Betrachtung des Willens Gottes tilgen können, denen wir uns bei den vielen Zerstreuungen und Beschäftigungen in der Welt unmöglich hingeben können. Und wie will Jemand, der darin lebt, folgenden Ausspruch erfüllen können: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst.“3 Denn wir müssen uns selbst verleugnen, das Kreuz Christi auf uns nehmen und so ihm nachfolgen. Die Selbstverleugnung besteht aber in dem gänzlichen Vergessen des Vergangenen und in dem Aufgeben des eigenen Willens; diese wird ein in gemischter Gesellschaft Lebender sehr schwer, um nicht zu sagen unmöglich aufrecht erhalten können. Ausserdem ist die Theilnahme an einem solchen Leben auch ein Hinderniß, sein Kreuz auf sich zu nehmen und Christus nachzufolgen. Denn um Christi willen sich zum Tode bereit halten, die irdischen Glieder abtödten, für jede Gefahr, die um des Namens Christi willen über uns kommt, gerüstet sein und an dem gegenwärtigen Leben nicht mit Leidenschaft hangen, das heißt, sein Kreuz auf sich nehmen; wir sehen, daß diesem das gesellige Zusammenleben große Hindernisse entgegenstellt.
