8.
Eine schöne, einfältige Gabe ist es, sich im Lachen zu mäßigen, im Zorn zu beherrschen, die Augen im Zaum zu halten und den Geist vor Irrgängen zu bewahren. Mag eine Gott dargebrachte Gabe noch so geringfügig sein und seiner Würde bei weitem nicht entsprechen, sie ist doch nie so unbedeutend, daß sie gar nicht genehm wäre und nicht angenommen würde, wenngleich er Barmherzigkeit nach Gerechtigkeit zuweist1. Er nimmt an des Paulus Pflanzen, des Apollos Begießen2, die zwei Heller der Witwe3, die Demut des Zöllners4 und das Bekenntnis des Manasse5. Als Moses das Zelt, welches ein Abbild des Himmels war, aufgeschlagen hatte, brachten alle die vorgeschriebenen Gaben dar: die einen gaben gerne Gold, andere Silber, andere Edelsteine für das Schultertuch, Frauen brachten zum Teil gewobenen Byssus, gesponnenen S. 396 Karmesin oder Purpur, teils rotgefärbtes Widderfell, teils das mindeste, nämlich Ziegenhaare für Zeltarbeiten6. Jeder Mann, jede Frau gaben, was sie gerade hatten; alle nahmen am Opfer teil, keiner, auch nicht der Ärmste, kam mit leerer Hand. So wollen wir unserseits dem ehrwürdigen Zelte Gottes, d. i. der Kirche, welche der Herr und nicht ein Mensch aufgeschlagen hat und welche durch die bunte Schönheit der Tugend errichtet wird, kleinere oder größere Opfer bringen, auf daß ein vollkommenes Werk erstehe, Christus, der heilige Tempel erbaut werde, in dem wir durch die Kunst des Geistes uns harmonisch verbinden. Doch mögen wir auch alles opfern, so stehen gleichwohl unsere Opfer gegenüber den Gaben, die wir empfangen haben, vollständig zurück. Denn Gott verdanken wir es, daß wir sind, daß wir Gott kennen und daß wir etwas, was wir opfern können, besitzen. Das schönste und Erfreulichste ist aber, daß Gott die Opfer nicht nach der Güte der geschenkten Materie, sondern nach der Seele und nach der Gesinnung des Opfernden einschätzt.
