1.
Allgemein wird zugestanden, daß man Gott nicht bloß für mächtig halten müsse, sondern auch für gerecht und gütig und weise und was sonst unser Denken zur Vollkommenheit rechnet. Folglich darf man auch hinsichtlich des Heilsratschlusses der Menschwerdung, die nun zur Erörterung steht, auch nicht verlangen, daß nur eine der göttlichen Eigenschaften hervortrete, alle übrigen dagegen ausgeschaltet würden. Überhaupt kann keine der herrlichen Eigenschaften, die wir Gott zugestehen, als eine Vollkommenheit angesehen werden, wenn sie für sich allein, losgelöst von den übrigen, betrachtet wird; so S. 43 ist weder die Güte wahre Güte, wenn sie nicht mit Gerechtigkeit, Weisheit und Macht gepaart ist ― denn was ungerecht, unweise und schwach ist, ist keine wahre Güte ―; noch sieht man die Macht, wenn sie von Gerechtigkeit und Güte getrennt ist, als eine Vollkommenheit an; denn eine solche Art von Macht wäre Brutalität und Willkür. Und dies gilt von allen göttlichen Attributen. Wäre die Weisheit nicht von der Gerechtigkeit oder die Gerechtigkeit nicht von Macht und Güte begleitet, so würde man diese Eigenschaften eher als Untugenden denn als Tugenden bezeichnen.