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Wie schönen Anblick gewährt doch ein „volles Feld“! Welchen Duft, welche Anmut, welche Freude für den Landmann! Wie könnten wir’s geziemend darstellen, wenn wir auf unsere eigenen Worte angewiesen wären? Doch wir haben die Schriftzeugnisse, durch welche wir des Feldes Anmut mit der Segens- und Gnadenfülle der Heiligen verglichen finden. So spricht der heilige Isaak: „Der Wohlgeruch meines Sohnes ist wie der Wohlgeruch eines vollen Feldes“1. Wozu also eine Schilderung der purpurblauen Veilchen, der weißschimmernden Lilien, der rötlich glühenden Rosen, der bald von goldigen, bald von buntfarbenen, bald von lichtgelben Blumen prangenden Gefilde, von denen man nicht weiß, ob mehr ihrer Blumen Pracht oder deren würziger Duft2 erfreuen? Es weidet das Auge sich am S. 101 entzückenden Anblicke, weit und breit strömt Wohlgeruch aus, dessen süßer Duft uns erfüllt. Daher das würdige Wort des Herrn: „Und des Feldes Zierde ist bei mir“3.Bei ihm ist sie, weil er sie geschaffen hat. Denn welcher Meister sonst hätte eine so wunderbare Schönheit in die einzelnen Dinge legen können? „Betrachtet die Lilien des Feldes“4: welch wundervolles Weiß doch in ihren Blättern schimmert! Wie die Blätter selbst, eines nach dem anderen, so zur Höhe streben, daß sie die Form eines Bechers bilden; daß ihr Inneres wie funkelndes Gold leuchtet, das indes, weil ringsum die Blüte von einem Walle umfriedet ist, keiner Verletzung ausgesetzt ist! Wollte man diese Blume pflücken und in ihre Blätter auflösen: wo wäre eine so geschickte Künstlerhand, die der Lilie Anmut von neuem formen könnte? Wo der Meister, der die Natur so treu nachzuahmen verstünde, daß er sich an die Wiederherstellung dieser Blume wagen dürfte? Hat ihr doch der Herr ein so herrliches Zeugnis ausgestellt, daß er versicherte: „Selbst Salomo in all seiner Pracht war nicht also gekleidet wie eine von diesen“5. Der reichste und weiseste König steht nach diesem Urteile der Schönheit dieser Blume nach.
