62.
Doch laßt uns zur Turteltaube übergehen, welche das Gesetz Gottes als keusche Opfergabe erkor. So wurde sie denn auch bei der Beschneidung des Herrn dargebracht, denn es stand im Gesetz des Herrn geschrieben, sie sollten als Opfer geben ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. Das ist nämlich das wahre Opfer Christi: leibliche Keuschheit und geistige Gnade. Die Keuschheit bezieht sich auf die Turtel, die Gnade auf die Taube. Es soll nämlich die Turteltaube, sobald sie nach Verlust des Männchens Witwe geworden, S. 216 tiefen Abscheu gegen das, was Paarung ist und heißt, hegen, weil die erste Liebe sie durch des Geliebten Tod enttäuschte und betrog, weil dieselbe an Dauer unbeständig war und an Bescherung bitter, indem sie noch größere Todestrauer als Liebeswonne zeitigte. So verzichtet sie denn auf eine nochmalige Verbindung und verletzt nicht die Rechte der Keuschheit und den Bund, den sie mit dem geliebten Gatten eingegangen: ihm allein wahrt sie ihre Liebe, ihm, hütet sie den Namen Gattin. Lernet, Frauen, wie erhaben der Witwenstand ist, dessen Lob selbst in der Vogelwelt sich ankündigt.
