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Wir haben [oben] ein Beispiel der Kindesliebe junger Vögel gegen ihre ehrwürdigen Alten: laßt uns jetzt von einem großartigen Erweis mütterlicher Sorge gegen die Jungen vernehmen. Die Schwalbe [meine ich], winzig klein an Körper, doch hervorragend groß an zärtlicher Liebe, die aller Dinge bar Nester baut, S. 211 kostbarer denn Gold, weil sie weise baurt;. denn „das Nest der Weisheit ist wertvoller denn Gold“. Was gäbe es denn Weiseres? Sie sichert sich einerseits ungehinderte Flugfreiheit, vertraut andererseits ihre Jungen und ihr Obdach der Hut menschlicher Behausungen an, woselbst niemand der Brut nachstellen könne. Auch das ist ein schöner Zug, daß sie vom ersten Anfang an ihre Jungen an menschlichen Umgang und Verkehr gewöhnt und so gegen den Überfall feindlicher Vögel sicherer stellt. Allbekannt ist sodann die Zierlichkeit, mit der sie sich ohne jeden Berater ihr Haus als kunstverständige Meisterin baut. Sie liest nämlich mit ihrem Schnabel Hälmchen auf und bestreicht sie mit Schlamm, um sie zusammenkleben zu können. Weil sie aber den Schlamm nicht mit den Füßen herbeizuschleppen vermag, taucht sie die Spitzen ihrer Fittiche in Wasser, damit leicht Staub daran kleben bliebe und zu Schlamm sich verdichte.So nun sammelt sie sich ein Hälmchen und Spänchen um das andere und macht es festkleben. Auf diese Weise führt sie den hanzen Nestbau zu Ende. Da tummeln sich ihre Jungen nun innerhalb ihrer Behausung wie auf einem Estrich ohne anzustoßen, ohne daß eines den Fuß in bauliche Fugen einklemmte oder Kälte die zarte Brut befiele.
