5.
Folgenden Satz stellte der heilige Moses, da er im göttlichen Geiste1 voraussah, daß solche S. 10 menschliche Irrtümer hervortreten würden und vielleicht schon hervorzutreten anfingen, an die Spitze seines Berichtes: „Im Anfang hat Gott den Himmel und die Erde geschaffen“2. Er spricht damit den Anfang der Dinge, den Urheber der Welt und die Erschaffung der Materie zugleich aus. Man sollte daraus ersehen: Gott war vor dem Anfange der Welt da, bezw. er gerade ist der Anfang des Alls gemäß der Antwort, die der Gottessohn im Evangelium auf die Frage: „wer bist du?“ gegeben hat: „Der Anfang, der ich auch zu euch rede“3; und er gerade hat den Dingen den Anfang ihres Entstehens gegeben und er ist der Schöpfer der Welt, nicht aber gleichsam nur an der Hand einer Idee der Nachformer der Materie, aus der er nicht nach seinem freien Ermessen, sondern nach gegebenem Muster seine Werke gestaltete. Zutreffend gebrauchte er desgleichen die Wendung: „Im Anfang hat er geschaffen“. Er wollte damit, daß er in seiner Darstellung gleich das Ergebnis der vollendeten Schöpfung der folgenden Aufzeigung der anfangenden voranstellte, die unbegreifliche Schnelligkeit der Schöpfung zum Ausdruck bringen.
Die Inspiration der Hl. Schrift spricht Ambr. ebenso oft wie bestimmt aus, bespricht sie aber nirgends eingehender. Was er gelegentlich hiervon äußert, ist korrekt. Eine Verbalinspiration scheint er bei aller Betonung des göttlichen Faktors nicht zu vertreten, noch weniger eine durchgängige Realinspiration zu leugnen (so Dausch, Die Schriftinspiration, Freib. 1891, S. 64). Vgl. Kellner, Der heilige Ambrosius als Erklärer des Alten Testamentes, Regensb. 1893, S. 23 ff. ↩
Gen. 1, 1. ↩
Joh. 8, 25. ↩
