Text.
Zosimus, der Bischof, (sendet) den in Byzantium eingesetzten Bischöfen, den geliebtestenBrüdern, Gruß im Herrn.
1. Ich staune, daß ihr vor der Höhe eueres Ranges keine Ehrerbietung habt und der bischöflichen Würde nicht jene Ehre zollet, welche doch von Jenen gewahrt werden soll, welche diesen Ehrenposten einnehmen. Laien sitzen S. 300 über Bischöfe zu Gericht, und das, sagt ihr, sei euer Beschluß, wo nicht der Priester über den Laien, sondern der Laie über den Priester mit euerer Erlaubniß als Mitrichter sitzt. Denn ein Laie, mag er noch so hoch in Ehren stehen, wird sich dennoch nicht mit dem Vorzuge schmeicheln können, daß er mit Recht einem Gerichte beiwohne, welches als ein kirchliches eingesetzt war. Dazu kommt, daß auch Zöllner und Steuerexecutoren1 beigezogen werden und das Gericht gegen einen Bischof von einer solchen Versammlung gebil-det wird. Es sitzen Zöllner (zu Gericht), und der Bischof wird verhört, und von Solchen wird, was sich nicht geziemt, durch euere Zulassung gehört. Wer sollte darüber nicht lachen, vielmehr nicht trauern, wenn er die kirchliche Regel in solcher Weise wanken und die Kraft der Canones so herabgesunken sieht? Wann und wo wird eine solche Handlungsweise gelehrt? Wann hat je seit Menschengedenken ein Priester ein Beispiel hievon gehört? Gab es doch Unzählige, welche, nachdem sie die höchsten (weltlichen) Ehrenstellen niedergelegt, die weltliche Macht derart verschmähten,2 daß sie auch in der niedrigsten Stufe keine Einbuße S. 301 ihrer klerikalen Ehre erleiden3 und durchaus nicht von ihnen früher gleichgestellten Laien gerichtet werden wollten. Seht da die wahre und sichere Vorschrift sür Richter! Was beabsichtigt ihr mit der Zustimmung der weltlichen Richter,4 ihr Kleriker, die ihr euch schämt, diesen Namen allein ohne den einstigen Ruhm der Weltlichkeit zu hören? Was kömmt euch an, gestattet es mir zu sagen, da ihr als Richter mit Solchen beisammen sitzt? 5
2. Aber auch das dürfen wir, scheint es, nicht übergehen, besonders da es kein noch so strenges Gericht je gethan, keine (Gerichts-)Ordnung erwähnt, daß Jemand gezwungen werde, seinen Gegner auszusuchen und zu Gericht zu bringen, da doch der Kläger sich von freien Stücken einzustellen hat.6 Daher übersandten wir dieses Antwortschreiben7 euerer Liebe durch unseren Bruder und Mitbischof Numunianus. Lebt wohl, Brüder! Zur Seite: Am 16. November im 12. Consulate des Kaisers Honorius und 8. des Kaisers Theodosius. S. 302
Telonariorum sive temonariorum; temo ist die Schatzungssumme für zu stellende Recruten, das Recrutengeld, temonarius eig. der Eintreiber des Recrutengeldes; sie waren, wie alle Steuerbeamten, verhaßt und verachtet; in dieser Weise geschieht ihrer öfter im Cod. Theodos. u. Justinian. Erwähnung. ↩
Von hier an ist der erste Abschnitt sehr corrumpirt; er lautet: ut vel minimi nominis clerici maluerint sustinere, nec aliquid prioris dignitatis ambitu judicare, et cede judicibus vera et certa praescriptio. Quid vultis de consensu judicem laicorum? vel clerici, qui hoc solum nomen sine pristinas ne secularitates gloria erubescit audire. Quid vobis, certe indulgete si dicam, cum judicatori com talibus consedetis? Coustant corrigirt : ut vel minimi nominis clerici honoris jacturam maluerint sustinere nec a laicis prioris dignitatis ambitu judicar. Ecce judicibus vera et certa praescriptio. Quid vultis de consensu judicem laicum, vos clerici, qui hoc solum nomen sine pristinas ne secularitates gloria erubescit audire.? Quid vultis, certe etc.; ich gestehe, daß diese Lesart mir nicht überall den Sinn herstellte, und erlaubte mir daher einige Änderungen. ↩
Ich lese: ut vel ... noluerint sustinere. ↩
Ich adoptire gegen Coustant: judicum laicorum. ↩
Zusammenhang und Sinn erkläre ich mir also: Für euer Vorrgehen giebt es keine Regel, kein Beispiel; dagegen beschämen und belehren euch Diejenigen, welche die größten weltlichen würden niederlegten, in den geistlichen Stand traten und dessen Ehre so hoch hielten, daß sie auch auf der niedersten Stufe des Klerikates sich nicht von den höchsten weltlichen Würdenträgern wollten richten lassen. Von Diesen lernet ihr, die ihr Bischöfe von Zöllnern richten lasset. Was bezweckt ihr überhaupt mit der Zuziehung weltlicher Richter? Bedarf die Würde des geistlichen Standes etwa einer Erhöhung durch solche Genossenschaft? ↩
Nach weltlichem und kirchlichen Gesetze mußte der Kläger innerhalb der gesetzlichen Frist bei schwerer Strafe persönlich seine Klage vorbringen; cf. Cod. Theod. IX. 36., Conc. Hippon.(a. 393) c. 7. ↩
Invicem schriptum. ↩
