1.
Als der Heiland seine Jünger über die Ankunft des Reiches Gottes und über das Ende der Zeiten dieser Welt belehrte und in den Aposteln die gesamte Kirche unterwies, sprach er: „Achtet auf euch selbst, daß eure Herzen nicht etwa beschwert werden durch Völlerei und Trunkenheit und Sorgen dieses Lebens!“1 . Diese Warnung bezieht sich, Geliebteste, offenbar ganz besonders auf uns, denen jener angekündigte Tag zwar verborgen, aber zweifellos nahe ist. Auf sein Erscheinen muß sich jedermann rüsten, damit dieser niemand findet, der seinem Bauche frönt oder in weltlichen Geschäften aufgeht. Tagtäglich können wir die Erfahrung machen, daß Übersättigung des Leibes den Verstand des Menschen abstumpft, und allzu reichliche Kost die Spannkraft des Geistes lähmt. So bringen also die Freuden der Tafel der Gesundheit unseres Körpers Schaden, wenn nicht besonnene Mäßigung der Lust des Gaumens Einhalt tut und ihr entzieht, was sich über kurz oder lang rächen wird. S. 68Unser Leib kann sich nichts ohne die Seele wünschen und ist in all seinen Sinnen und Bewegungen auf sie angewiesen. Aber trotzdem muß sie dem unter ihr stehenden Körper gewisse Dinge versagen und durch die innere Stimme des Gewissens den äußeren Menschen von ungeziemenden Handlungen zurückhalten. In dem heren Tempel des Geistes soll sich unsere Seele, von den Begierden des Leibes nur wenig behelligt, göttlicher Weisheit widmen, um hier, wo all der Lärm weltlichen Treibens verstummt, bei heiligen Betrachtungen, inmitten unvergänglicher Freuden ihre Wonne zu finden! Wenn es auch schwer ist, ununterbrochen ein solches Leben zu führen, so kann doch der Versuch dazu immer wieder erneuert werden, so daß man es vorzieht, sich öfter und länger mit geistigen als mit irdischen Dingen zu befassen. Und wenn wir den größeren Teil unseres Lebens solch höheren Zielen weihen, dann dürfte auch unser weltliches Schaffen mit dem Gewinne unvergänglichen Reichtums enden.
Lk 1,41 ↩
