10.
Faustus könnte mir also nicht im Gegenzug erklären: Auch wenn ich dir nicht zeigen kann, dass Maria nicht aus der Verwandtschaft des David kommt, zeige doch du, dass sie wirklich daher kommt! Eben dies kann ich nämlich zeigen, und zwar mit dem wirklich klarsten und stärksten Beweismittel, indem nämlich die Schrift, welche die bestgesicherte Autorität ist, sowohl sagt, dass Christus aus dem Geschlecht Davids stammt (cf. Röm. 1,3), und dass seine Mutter, die Jungfrau Maria, ihn ohne geschlechtliche Vereinigung mit einem Mann empfangen hat. Wie ist sich doch Faustus als Tugendheld vorgekommen, als er seinen Abscheu ausdrückte über etwas, was in seinen Augen eine unsittliche Zumutung darstellte (p. 708,2): Ohne Grund verleumdet ihr den Schriftsteller, er habe den Sohn Gottes im Leib einer Frau eingeschlossen. Wenn der katholische Glaube beinhaltet, dass Christus, der Sohn Gottes, dem Fleisch nach aus der Jungfrau geboren wurde, so schliesst er doch diesen Sohn Gottes überhaupt nicht so im Leib einer Frau ein, als ob es ihn dann ausserhalb nicht mehr gäbe, als ob er die Lenkung von Himmel und Erde damit abgegeben, als ob er sich von seinem Vater entfernt hätte! Doch ihr Manichäer, mit eurem Herzen, das nichts als körperliche Phantasiegebilde auszudenken vermag, ihr begreift das überhaupt nicht, wie das Wort Gottes, Gottes Kraft und Weisheit (cf. I Kor. 1,24), in sich bleibend und beim Vater, und die ganze Schöpfung lenkend, kraftvoll sich erstreckt von einem Ende zum andern, und alles in Güte anordnet (cf. Sap. 1,8), wie es dann in jener wunderbaren und unaussprechlichen Leichtigkeit seiner Anordnungen sich selber eine Mutter auf der Erde verordnet hat, und in ihr, um seine Sklaven von der Sklaverei der Verderblichkeit zu befreien, die Gestalt des Sklaven, d.h. den sterblichen Leib, annahm (cf. Phil. 2,7), wie es diesen Leib, nachdem es ihn angenommen hatte, zeigte, wie es ihn, >nachdem er gezeigt und durch den Tod niedergestreckt war, in der Auferstehung emporrichtete und wie einen zerstörten Tempel wieder aufbaute. Ihr Manichäer aber, denen davor graust, dies zu glauben, als ob das eine Gotteslästerung wäre, ihr sperrt zwar die Glieder eures Gottes nicht im Schoss einer Jungfrau ein, dafür im Schoss sämtlicher fleischlicher weiblicher Wesen, angefangen bei den Elefantenweibchen bis zu den Fliegenweibchen. Erscheint euch etwa der wahre Christus deshalb soviel wertloser, weil er nach unserer Lehre im Jungfrauenschoss Fleisch geworden ist, indem er ohne Verwandlung seiner selbst, unumstösslich in seiner eigenen Natur verbleibend, sich als Tempel den Menschen angezogen hat? Und ist euch euer Gott deswegen so teuer, weil er, in soviel Gefängnissen fleischlicher Wesen gefesselt und verunreinigt, in jenem Teil seiner selbst, der zum Schluss noch im Klumpen eingeschmolzen werden muss, aussichtslos um Hilfe fleht oder gar, völlig darniederliegend, nicht einmal mehr um Hilfe flehen darf?
