Übersetzung
ausblenden
Ad Donatum
8.
Hence turn your looks to the abominations, not less to be deplored, of another kind of spectacle. 1 In the theatres also you will behold what may well cause you grief and shame. It is the tragic buskin which relates in verse the crimes of ancient days. The old horrors 2 of parricide and incest are unfolded in action calculated to express the image of the truth, so that, as the ages pass by, any crime that was formerly committed may not be forgotten. Each generation is reminded by what it hears, that whatever has once been done may be done again. Crimes never die out by the lapse of ages; wickedness is never abolished by process of time; impiety is never buried in oblivion. Things which have now ceased to be actual deeds of vice become examples. In the mimes, moreover, by the teaching of infamies, the spectator is attracted either to reconsider what he may have done in secret, or to hear what he may do. Adultery is learnt while it is seen; and while the mischief having public authority panders to vices, the matron, who perchance had gone to the spectacle a modest woman, returns from it immodest. Still further, what a degradation of morals it is, what a stimulus to abominable deeds, what food for vice, to be polluted by histrionic gestures, against the covenant and law of one's birth, to gaze in detail upon the endurance of incestuous abominations! Men are emasculated, and all the pride and vigour of their sex is effeminated in the disgrace of their enervated body; and he is most pleasing there who has most completely broken down the man into the woman. He grows into praise by virtue of his crime; and the more he is degraded, the more skilful he is considered to be. Such a one is looked upon--oh shame! and looked upon with pleasure. And what cannot such a creature suggest? He inflames the senses, he flatters the affections, he drives out the more vigorous conscience of a virtuous breast; nor is there wanting authority for the enticing abomination, that the mischief may creep upon people with a less perceptible approach. They picture Venus immodest, Mars adulterous; and that Jupiter of theirs not more supreme in dominion than in vice, inflamed with earthly love in the midst of his own thunders, now growing white in the feathers of a swan, now pouring down in a golden shower, now breaking forth by the help of birds to violate the purity of boys. And now put the question, Can he who looks upon such things be healthy-minded or modest? Men imitate the gods whom they adore, and to such miserable beings their crimes become their religion. 3
Übersetzung
ausblenden
An Donatus (BKV)
Kap. 8. Die schamlosen Vorführungen im Theater und besonders in den mimischen Spielen fordern geradezu zur Nachahmung heraus.
Wende von hier deine Blicke auf den nicht minder verwerflichen Einfluß eines anderen Schauspiels! Auch in den Theatern wirst du nur zu sehen bekommen, was dir Schmerz und Scham erregt. Tragische Dichtkunst heißt man es, wenn man Missetaten aus alten Zeiten in Versen wiedergibt. Der alte Greuel von Vatermord und Blutschande1 wird in wahrheitsgetreuer Darstellung von neuem vorgeführt, damit ja nicht im Lauf der Jahrhunderte in Vergessenheit gerät was schon einmal gefrevelt worden ist. Jedes Zeitalter wird durch das Zuhören erst wieder daran erinnert, daß S. 47 das auch möglich ist, was dereinst geschah. Niemals sterben die Verbrechen mit dem Hinschwinden der Zeit ab, niemals versinkt die Schuld im Strome der Jahre, niemals wird der Frevel in Vergessenheit begraben. Zum Vorbild wird etwas, was eigentlich schon aufgehört hat, eine Missetat zu sein. Da macht es Vergnügen, in den mimischen Spielen2 , der Schule aller Schändlichkeiten, wiederzuerkennen, was man daheim schon getrieben hat, oder zu hören, was man noch treiben könnte. Den Ehebruch lernt man, indem man ihn sieht, und wie ja ein Übel, das in allgemeinem Ansehen steht, zu Lastern verführt, so kehrt dieselbe Frau, die vielleicht als keusche Matrone zum Schauspiel gegangen war, unkeusch aus ihm zurück. Wie sehr muß es überdies noch die Sitten beflecken, wie sehr die Schandtaten begünstigen, wie sehr die Laster nähren, wenn man durch die Gebärden der Schauspieler sich besudeln läßt, wenn man mit ansieht, wie gegen jedes natürliche Recht und Gesetz das Erdulden von Unzucht und Schmach dargestellt wird! Da legen die Männer alle Männlichkeit ab, alle Würde und Kraft des Geschlechtes geht durch die Schändung des entnervten Körpers verloren, und je mehr einer den Mann zum Weibe herabwürdigt, desto größeren Beifall findet er dort3 . Ruhm erwächst ihm aus dem Verbrechen, und je schändlicher er sich zeigt, für desto tüchtiger gilt er. Man sieht ihm sogar — welch ein Frevel! — mit Freuden zu. Wozu vermöchte ein solcher Meister nicht zu verführen? Er erregt die Sinne, schmeichelt den Neigungen, überwältigt das gesunde Gewissen eines guten Herzens; und die Wirkung des bezaubernden Lasters bleibt nicht aus, und infolge der nur allzu gewinnenden Vorführung beschleicht den Menschen das Verderben. Man stellt die schamlose Venus, den ehebrecherischen Mars und jenen Jupiter dar, der in den Lastern ebenso wie in der Herrschergewalt als der erste gilt, wie er selbst samt seinen Blitzen in irdischer Liebe entbrennt, S. 48 wie er sich bald in das weiße Gefieder eines Schwanes hüllt, bald in einem Goldregen herabströmt, bald mit Hilfe der Vögel zum Raube erst heranreifender Knaben herabschießt4 . Frage dich nun einmal, ob da ein Zuschauer noch unverdorben oder keusch bleiben kann! Man ahmt die Götter nach, die man verehrt: so bekommen für die Unseligen die Verbrechen sogar noch den Anschein der Frömmigkeit.
Besonders in den Tragödien, deren Stoff dem Kreise der Pelops- und Ödipussage entnommen sind. ↩
Vgl. Teuffel, Gesch. d. röm. Lit. I8 S. 9 ff. ↩
Im Pantomimus wurden auch die weiblichen Rollen zumeist durch männliche Schauspieler dargestellt. ↩
Die drei Beispiele beziehen sich auf Jupiters Abenteuer mit Leda, Danae und Ganymed. ↩