16. Daß die Klugheit anzustreben sei.
Man muß also das Gut der Klugheit, die uns unversehrt bewahren kann vor jeder Übertreibung, mit allem Eifer durch die Tugend der Demuth zu erlangen suchen. Es ist nemlich ein altes Sprüchwort: ἀκρότητες ἰσότητες, d. i. Übertreibungen gleichen sich — denn zu demselben Ende kommt das Übermaß im Fasten wie die Gefräßigkeit, und in denselben Verlust bringt den Mönch die unmäßige Andauer der Nachtwachen wie die Lähmung des tiefsten Schlafes. Der durch Übertreibung der Enthaltsamkeit zu S. a347 sehr Geschwächte muß nemlich nothwendig in jenen Zustand zurückversetzt werden, in welchem der zu Nachläßige durch seine Sorglosigkeit gehalten wird, so daß wir oft sahen, wie Solche, die durch Gefräßigkeit nicht verführt werden konnten, durch Übermaaß im Fasten zu Fall gebracht wurden und bei Gelegenheit ihrer Schwäche gerade in die Leidenschaft herabsanken, welche sie besiegt hatten. Auch die Nachtwachen und die unvernünftige Schlaflosigkeit stürzten Jene, welche der Schlaf nicht hatte besiegen können. Deßhalb muß man nach dem Apostel durch die Waffen der Gerechtigkeit an dem, was zur Rechten und zur Linken ist, vorbeigehen mit richtiger Mäßigung und zwischen beiden Übertreibungen mit Hilfe der leitenden Klugheit einhergehen, daß wir uns weder von dem überlieferten Pfade der Enthaltsamkeit abführen lassen noch durch schädliche Nachsicht in die Gier des Gaumens und des Bauches zurückfallen.
