15. Von der Berufung des Apostels Paulus.
Auch den Paulus, den er selbst gerufen und angeredet hat, will Christus, obwohl er ihm sogleich den Weg der Vollkommenheit erschließen konnte, lieber zu Ananias senden und läßt ihn von Diesem den Weg der Wahrheit lernen, indem er sagt: „Steh’ auf und geh’ in die Stadt, und dort wird man dir sagen, was du thun sollst.“ Er sendet also auch Diesen zu einem Älteren und bestimmt, daß er eher durch dessen Unterricht als den seinen belehrt werden solle; damit nemlich nicht das, was bei Paulus ganz in Ordnung geschehen wäre, den Späteren ein böses Beispiel zur Anmaßung biete, indem Jeder sich einreden würde, er müsse auf ähnliche Weise auch eher allein durch Gottes Lehre und Schule als durch die Anleitung der Äl- S. a346 tern unterrichtet werden. Die volle Verwerflichkeit dieser Anmaßung lehrt auch der Apostel selbst nicht nur in seinen Briefen, sondern auch in That und Beispiel. Deßhalb allein versichert er nach Jerusalem gegangen zu sein, damit er das Evangelium, das er unter dem Beistande des heiligen Geistes und mit der Kraft der Wunder und Zeichen den Heiden verkündete, mit seinen Mitaposteln und Vorgängern in einer besondern und vertraulichen Prüfung vergleiche. „Und ich verglich“, sagt er, 1 „mit ihnen das Evangelium, das ich unter den Heiden predige, damit ich nicht etwa vergeblich laufe oder gelaufen wäre.“ Wer sollte also so anmaßend und blind sein, daß er es wagt, sich seinem eigenen Urtheil und seiner Entscheidung zu überlassen, während das Gefäß der Auserwählung bezeugt, daß er der Besprechung der Mitapostel bedurft habe? Dadurch wird aufs Klarste bewiesen, daß Gott Keinem den Weg der Vollkommenheit zeige, der im Besitze dessen, was ihn unterrichten kann, Dieß verachtet, nemlich Lehre und Anweisung der Väter, und so gering schätzt jenen Ausspruch, den man auf’s Sorgfältigste beobachten sollte: 2 „Frage deinen Vater, und er wird dir Kunde geben; deine Ahnen, und sie werden es dir sagen.“
