Einleitung
Das Schwergewicht der wissenschaftlichen Leistungen unseres Kirchenvaters liegt auf dem Gebiete der Exegese. Als Übersetzer und Erklärer der Hl. Schrift ist er unsterblich geworden. Leider mußte diese Seite seiner Tätigkeit in der vorliegenden Sammlung unberücksichtigt bleiben. Um diesem Mangel in etwa abzuhelfen, seien zwei Briefe als Proben seiner Schriftdeutung in diesen Band aufgenommen zumal die exegetischen Briefe in des Heiligen Epistolar besonders stark vertreten sind.
Im vorliegenden Briefe bietet uns Hieronymus eine eingehende Deutung des Gleichnisses vom verlorenen Sohne. Eine Reihe von Einzelheiten bereiteten Papst Damasus Schwierigkeiten, um deren Lösung er den Fachmann in einem ausführlichen Schreiben ersucht. Hieronymus zeigt sich der Aufgabe gewachsen, die er in aller Gründlichkeit löst. Er wahrt sich seine Unabhängigkeit gegenüber irrigen oder gezwungenen Deutungen früherer Erklärer. Von gesunden exegetischen Prinzipien ausgehend, betont er die Notwendigkeit, die Parabel aus dem Kontext zu erklären und sie in Einklang zu bringen mit anderen Gleichnissen ähnlichen Inhaltes. 1
Der Brief muß zu Rom vor dem Tode des Papstes Damasus geschrieben sein, fällt also in die Jahre 382 bis 384. Vielleicht berechtigt uns die Tatsache, daß er im Schriftstellerkatalog die römischen Arbeiten einleitet, 2 zu der Feststellung, daß er zu den Erstlingen der in Rom verfaßten Schriften gehört. S. b302
