Dritter Artikel. Es ziemte sich, daß die Versuchung stattfand nach dem Fasten.
a) Dagegen spricht Folgendes: I. Christo kam es nicht zu, ein hartes, strenges Leben zu führen. Äußerst streng aber wäre es gewesen, durch vierzig Tage und vierzig Nächte nichts zu essen, wie Gregor jenes Fasten erklärt (16. in Evgl.). Also hat ein solches Fasten nicht stattgefunden. II. Mark. 1, 13. heißt es: „Er war in der Wüste vierzig Tage und vierzig Nächte und ward versucht vom Teufel.“ Also innerhalb dieser Zeit ward Er versucht, nicht nachher. III. Es wird von Christo nur einmal gelesen, daß Er gefastet habe. Nicht aber nur einmal wurde Er versucht; denn Luk. 4. heißt es: „Nachdem die ganze Versuchung vorbei war, wich bis zu einer gewissen Zeit von Ihm der Teufel.“ Wie Er also der zweiten Versuchung kein Fasten vorausgeschickt hat, so durfte dies auch nicht mit Rücksicht auf die erste geschehen. Auf der anderen Seite heißt es Matth. 4.: „Nachdem Er gefastet hatte … , hat Er nachher gehungert; und da trat zu Ihm der Versucher.“
b) Ich antworte, zukömmlicherweise wollte der Herr nach dem Fasten versucht werden: 1. Wegen des Beispiels; denn durch Fasten sollen wir uns stärken gegen die Versuchung, wie auch 2. Kor. 6. das Fasten unter den Waffen der Gerechtigkeit aufgeführt wird. 2. Damit Christus zeige, wie auch die fastenden der Teufel angreift, ebenso wie die mit anderen guten Werken beschäftigten; und deshalb wird der Herr versucht nach der Taufe und nach dem Fasten. Darum sagt Chrysostomus (hom. 13. in Matth.): „Lerne, welch starke Waffe das Fasten ist und wie nach der Taufe man nicht schlaff werden muß, sondern achthaben daß man faste. Deshalb hat Christus gefastet; nicht weil Er es notwendig hatte, sondern um uns zu unterrichten. 3. Weil nach dem Fasten der Hunger gefolgt ist, wodurch dem Teufel der Mut wuchs, um anzugreifen. Darüber sagt Hilarius (c. 3. in Matth.): „Daß der Herr hungerte, war nicht durch das lange Nichtessen veranlaßt; sondern die menschliche Natur in Christo wurde sich selber überlassen, da nicht von Gott sondern vom Fleische der Teufel überwunden werden sollte.“
c) I. Christo geziemte kein strenges hartes Leben, damit Er näher trete denen, welchen Er predigte. Keiner aber soll das Amt des Predigens übernehmen, der nicht vorher in der Seele gereinigt und in der Tugend vollendet worden ist, wie ja auch Christus „anfing, zu thun und zu lehren.“ Christus also nahm gleich nach der Taufe eine strenge Lebensweise an; damit Er lehre, erst wenn das Fleisch bezwungen sei, dürfe man predigen. So sagt auch Paulus (1. Kor 6.): „Ich züchtige meinen Leib und mache ihn zum Sklaven; damit ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt habe, selber verworfen werde.“ II. Markus ist, wie aus Matthäus hervorgeht, so zu verstehen, daß Er nach dem Fasten versucht wurde. Und ebenso folgt dann darauf, daß „die Engel Ihm dienten.“ Was Markus dazwischen fügt, „und Er war mit wilden Tieren“ bezieht sich auf die Kennzeichnung der Beschaffenheit der Wüste; daß sie nämlich unzugänglich war den Menschen und voll von wilden Tieren. Beda aber versteht den heiligen Markus dahin, daß der Herr auch während des Fastens versucht wurde. Jedoch sind dies nicht jene sichtbaren Versuchungen, von denen Matthäus erzählt und Lukas; sondern es sind andere, die nicht besonders erzählt werden. III. Nachher, so Ambrosius (sup. Luc. 4.), näherte sich der Teufel nicht mehr, um zu versuchen, sondern um offen zu kämpfen; nämlich im bitteren Leiden. Jedoch kann man sagen, daß der Herr im bitteren Leiden versucht wurde zur Trauer und zum Hasse, wie hier zur Gaumenlust und zur Verachtung Gottes durch Götzendienst.
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