2.
O meine Schwestern, erkennet doch um der Liebe Gottes willen die große Gnade, die der Herr euch dadurch erwiesen, daß er euch hierhergeführt hat! Jede bedenke es wohl, daß sie nach dem Willen Seiner Majestät eine unter den Zwölfen sei, denen allein dieses Glück zuteil geworden ist! Wie viele von denen, die besser sind als ich, würden meines Wissens gern an diesem Orte sein, an den mich der Herr geführt hat, obwohl ich es so schlecht verdient habe! Sei dafür gepriesen, o mein Gott, von mir und allen Geschöpfen! Diese Gnade kann ich ebensowenig vergelten wie so viele andere, die du mir erwiesen hast. Überaus groß war schon die Gnade, daß du mich in den Ordensstand berufen hast. Weil ich aber so böse war, darum, o Herr, hattest du zu mir kein Vertrauen; denn da, wo so viele Tugendhafte zusammenleben, wäre meine Bosheit bis zum Ende meines Lebens nicht so offenbar geworden. Darum führtest du mich an diesen Ort, wo es wegen der geringen Zahl seiner Bewohnerinnen unmöglich scheint, daß meine Bosheit ihnen entgeht; deswegen muß ich auch sorgfältiger wandeln. Dazu räumtest du mir auch noch alle Gelegenheiten aus dem Wege, so daß ich, o Herr, — ich bekenne es — keine Entschuldigung mehr habe. Um so notwendiger ist mir darum deine Barmherzigkeit, auf daß du mir verzeihest, was ich noch Böses an mir habe.
