Leben und Wunder des hl. Benedikt1
Es lebte ein Mann, der führte ein verehrungswürdiges Leben; es war Benediktus, der Gesegnete sowohl der Gnade als auch dem Namen nach; schon als Kind trug er das Herz eines Greises in sich. An Charakter reifer denn an Jahren, gab er sich keiner sinnlichen Lust hin. Solange er auf dieser Erde weilte, verachtete er die Welt, die er doch unbehindert hätte genießen können, als wäre sie mit ihren Blüten schon verwelkt gewesen. Er war einem vornehmen Geschlecht zu Nursia2 entsprossen und wurde nach Rom geschickt, um dort zu studieren. Aber als er dabei viele in dem Abgrund der Laster versinken sah, zog er den Fuß, den er schon auf die Schwelle der Welt gesetzt hatte, wieder zurück, um nicht auch selbst, wenn er etwas von ihrer Wissenschaft gekostet hätte, in den entsetzlichen Abgrund zu stürzen. Er verschmähte also das Studium, verließ Vaterhaus und Vermögen und begehrte in dem Verlangen, Gott allein zu gefallen, das Ordenskleid. So zog er sich zurück, mit Wissen unwissend und in Weisheit ungelehrt. Ich habe nicht alle seine Taten erfahren; das Wenige aber, das ich erzähle, verdanke ich der Mitteilung von vieren seiner Schüler, nämlich des sehr verehrungswürdigen Konstantius, der sein Nachfolger in der Leitung des Klosters war, des Valentinian, der viele Jahre dem Kloster im Lateran vorstand, des Simplicius, der als der dritte nach ihm das Kloster regierte, und endlich des Honoratus, der jetzt noch dem Kloster vorsteht, in welchem Benediktus früher gewesen war.