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Œuvres Augustin d'Hippone (354-430) Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
18. Buch

51. Auch durch die ablehnende Haltung der Häretiker wird der katholische Glaube gekräftigt.

Wie nun der Teufel die Tempel der Dämonen verödet und das Menschengeschlecht sich auf den Namen des erlösenden Mittlers stürzen sah, da setzte er Häretiker in Bewegung, die unter christlicher Flagge der christlichen Lehre widersprechen sollten, als ob man derlei Leute gleichgültig ohne alle Beanstandung im Gottesstaat haben könnte, so wie der Staat der Verwirrung gleichgültig1 Philosophen mit verschiedenen und einander widersprechenden Lehrmeinungen duldete. Es werden also die, die in der Kirche Christi ungesunden und verkehrten Anschauungen huldigen, zu Häretikern, wenn sie sich der Zurechtweisung, die sie auf die Bahn der gesunden und richtigen Lehre bringen will, hartnäckig widersetzen2 und ihre tod- und verderbenbringenden Lehrmeinungen nicht aufgeben wollen, sondern sie zu vertreten und zu verteidigen fortfahren; sie begeben sich damit aus der Kirche hinaus und werden nun zu den sie stählenden Gegnern gerechnet. Auch so ja nützen sie3 den wahren, katholischen Gliedern Christi durch ihr übles Verhalten, indem Gott auch der Bösen sich zum Guten bedient und „den ihn Liebenden alles Band 28, S. 1135zum Guten gereicht“4. Denn alle Feinde der Kirche, mag welcher Irrtum immer sie verblenden, in welcher Bosheit immer ihre Schlechtigkeit gründen, erlangen sie die Macht, in äußeren Dingen Wunden zu schlagen, so stählen sie die Geduld der Kirche; beschränkt sich aber ihre Gegnerschaft auf die Vertretung falscher Meinungen, so stählen sie deren Weisheit; sofern sie endlich auch als Feinde zu lieben sind, stählen sie deren Wohlwollen, das auch zum Wohltun fortschreiten kann, sei es, daß man mit ihnen in sanft überredender Belehrung verfährt oder aber in schreckhafter Zucht. Und demnach hat der Teufel, der Fürst des gottlosen Staates, wenn er seine eigenen Gebilde wider den in dieser Welt als Fremdling pilgernden Gottesstaat aufwiegelt, nicht die Genugtuung, daß er ihm irgend schaden würde; vielmehr wird einfach dem Gottesstaat von der göttlichen Vorsehung durch günstiges Geschick Trost zugeleitet, damit er in widrigem nicht erliege, und durch widriges Geschick Gelegenheit zur Stählung geboten, damit er durch glückliches nicht verdorben werde, und beides hält sich gegenseitig so die Wage, daß wir eben davon das Psalmwort geschöpft erkennen5: „Nach dem Maße der Zahl meiner Schmerzen in meinem Herzen haben deine Tröstungen meine Seele erquickt.“ Hierauf bezieht sich auch der Ausspruch des Apostels6: „In Hoffnung freudig, in Trübsal geduldig“.

Denn auch das, was derselbe Lehrer meint mit den Worten7: „Alle, die fromm leben wollen in Christo, werden Verfolgung erleiden“, muß sich bestimmt zu allen Zeiten finden. Mag auch äußerlich Ruhe herrschen, indem die, die draußen sind, nicht wider uns wüten, und es herrscht solche Ruhe zurzeit wirklich und sie gewährt gar viel Trost, vorab den Schwachen, so fehlt es doch im Innern nicht an solchen, ja es sind ihrer sogar viele, die den Herzen der Frommen durch ihre verderbten Sitten wehe tun; denn durch sie wird der christliche Band 28, S. 1136und katholische Name geschändet; und je teurer dieser denen ist, die fromm leben wollen in Christo, um so mehr schmerzt es sie, daß sich durch Böse im eigenen Lager die Liebe zu diesem Namen vermindert, die sie doch gern immer gesteigert wissen möchten. Auch die Häretiker verursachen den Herzen der Frommen große Betrübnis, wenn man bedenkt, daß sie den christlichen Namen führen und die christlichen Geheimnisse haben und die Schriften und das Bekenntnis zu Christus; sehen sich doch sogar von denen, die gern Christen wären, viele wegen ihrer abweichenden Lehren zum Zaudern veranlaßt, und viele Schmähsüchtige finden auch an ihnen Stoff, den christlichen Namen zu lästern, weil auch sie doch eben Christen genannt werden. Durch schlechte Sitten also und durch Irrmeinungen erleiden die, die fromm leben wollen in Christo, Verfolgung, auch wenn niemand sie äußerlich anfeindet und plagt. Sie erleiden diese Verfolgung eben nicht äußerlich, an ihrem Leibe, sondern in ihren Herzen. Darum heißt es ja: „Nach dem Maße der Zahl meiner Schmerzen in meinem Herzen“, nicht „an meinem Leibe“. Weil man aber andererseits der unwandelbaren göttlichen Verheißungen gedenkt und des Wortes des Apostels8: „Es kennt der Herr die Seinen [denn die er vorhergesehen und vorherbestimmt hat, gleichförmig zu werden dem Bilde seines Sohnes“, von denen kann keiner verloren gehen], so folgt in der nämlichen Psalmstelle allsogleich: „Haben deine Tröstungen meine Seele erquickt“. Ja der Schmerz selbst, der in den Herzen der Frommen entsteht über die Verfolgung durch das Gebaren schlechter oder falscher Christen, gereicht den Betrübten zum Vorteil, weil er hervorgeht aus der Liebe, die nicht will, daß sie verloren gehen, noch daß sie dem Heil anderer im Wege stehen sollen. Endlich fließt auch mächtiger Trost aus ihrer Besserung, die die Herzen der Frommen von ebenso großer Freude überströmen läßt, wie ihre Verderbnis ihnen Schmerz und Pein verursacht hat. Und so schreitet die Kirche auf ihrer Pilgerschaft fort zwischen Verfolgungen seitens der Welt und Tröstungen seitens Band 28, S. 1137Gottes; und das war immer so auf dieser Welt, in diesen bösen Tagen9, nicht erst seit der Zeit der leiblichen Gegenwart Christi und seiner Apostel, sondern schon von Abel an, den als den ersten Gerechten sein gottloser Bruder erschlug, und so wird es bleiben bis zum Ende dieser Welt.


  1. Vgl. oben XVIII 41, 2. Absatz gegen Schluß. ↩

  2. Vgl. Tit. 3, 10. ↩

  3. Vgl. oben XVI 2, 1. Absatz [2. Band 432]. ↩

  4. Röm. 8, 28. ↩

  5. Ps. 93, 19. ↩

  6. Röm. 12, 12. ↩

  7. 2 Tim. 3, 12. ↩

  8. 2 Tim. 2, 19; Röm. 8, 29. ↩

  9. Vgl. Eph. 5, 16. ↩

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