52.
Über den Teufel und den Tod.
Nach der Melodie: O Tod, überhebe dich nicht.
Ich hörte [einst] den Tod und den Teufel miteinander darüber streiten, wer von ihnen gegenüber dem S. 301 Mensehen der mächtigere sei. – [5] [Kehrvers:] Preis sei dir, o Sohn des Hirten, über alle, der seine Herde von den unsichtbaren Wölfen erlöste, die sie verschlangen, dem Teufel nämlich und dem Tode!
Der Tod zeigte seine Macht,1die alles unterwirft, der Teufel seine Arglist, die alle zur Sünde verführte.
[Tod:] „Auf dich, o Teufel, hört nur der, welcher will, [15] zu mir aber kommen alle, ob sie wollen oder nicht.“
[Teufel:] „Du, o Tod, besitzest nur den Zwang der Tyrannei, mir aber stehen Schlingen und Netze [20] der Arglist zu Gebote.“
[Tod:] „Vernimm, o Böser, wer klug ist, zerbricht dein Joch, keiner aber kann sich meinem Joche widersetzen.“
[Teufel:] [25] „Du, o Tod, versuchst deine Macht an Kranken, ich aber bin den Gesunden gegenüber erst recht stark.“
[Tod:] „Der Teufel hat nicht Macht über alle, [30] die ihn lästern, in meine Hände aber fallen alle, die mich verflucht haben und mich verfluchen.“
[Teufel:] „Du, o Tod, hast deine Macht von Gott erhalten, [35] mir allein hilft niemand, wenn ich zur Sünde reize.“
[Tod:] „O Teufel, du legst wie ein Schwacher nur Fallstricke, ich aber bediene mich [40] wie ein König meiner Macht.“
[Teufel:] „Du bist zu dumm, o Tod, um zu begreifen, wie groß ich bin; denn ich bin imstande, den selbständigen freien Willen gefangen zu nehmen.
[Tod:] [45] „ O Teufel, du schleichst wie ein Spitzbube umher, ich zermalme wie ein Löwe und kenne keine Furcht.“
[Teufel:] „Dir, o Tod, erweist niemand Verehrung, [50] noch betet man dich an; mir aber dienen Könige mit Opfern gleich einem Gotte.“
[Tod:] „Den Tod nennen viele als etwas Gutes, [55] dich, o Teufel, hat noch niemand angerufen, noch ruft man dich an.“
[Teufel:] „Hast du das noch nie vernommen, S. 302 wieviele mich auf alle Arten anrufen [60] und mir Opfer bringen?“
[Tod:] „Abscheulich ist dein Name, Teufel, du kannst ihn nicht schön machen; alle verfluchen deinen Namen, verbirg deine Schmach!“
[Teufel:] [65] „Du bist schwerhörig, Tod, denn du hörst nicht, daß jedermann über dich klagt; verstecke dich nur!“
[Tod:] „Ich trete offen auf in der Welt, [70] ich täusche nicht wie du, der ohne Täuschung nicht bestehen kann.“
[Teufel:] „Nichts hast du mehr bestätigt gefunden, [75] als daß du bei den Menschen ebenso verhaßt bist als ich.“
[Tod:] „Vor mir fürchtet sich jedermann wie vor einem Herrn, dich aber hassen sie [80] als den Bösen.“
[Teufel:] „Bei dir, o Tod, haßt man den Namen sowohl wie dein Tun, mein Name ist zwar verhaßt, aber meine Lockmittel sind sehr geschätzt.“
[Tod:] [85] „In Schlangengift verwandelt sich deine Süßigkeit. Reue folgt immerdar deinen Anreizungen.“
[Teufel:] „Die Unterwelt ist verhaßt, weil in ihr [90] keine Reue mehr sich findet, sie ist ein Abgrund, der verschlingt und jede Regung verhindert.“
[Tod:] „Die Unterwelt ist ein Schlund; jeder, der hineingeraten ist, wird wieder auferweckt, [95] die Sünde ist verhaßt, weil sie den Menschen die Hoffnung abschneidet.“
[Teufel:] „Schmerz bereiten mir zwar jene, die Buße tun; doch lasse ich ihnen wenigstens Gelegenheit dazu; du schneidest aber dem Sünder, [100] der in seinen Sünden dahinstirbt, die Hoffnung ab.“
[Tod:] "Du deinerseits kommst ihm zuvor, und zu Ende ist seine Hoffnung; denn wenn du ihn nicht zur Sünde verleitetest, würde er gut sterben.“
[105] Gepriesen sei jener, der die verwünschten Knechte aufeinanderhetzte, damit wir auf sie schauen, wie sie auf uns und sich über uns lustig machen!
Ein Unterpfand ist’s für uns, meine Brüder, [110] unsern Blick auf sie gerichtet zu haben, dafür, daß wir S. 303 auf sie werden schauen können, wenn wir zum Leben auferweckt werden.
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