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S. 386 Es hat im Dienste der geistigen Bewirthung auch uns die Reihe getroffen, obschon wir mehr geeignet sind, an Anderen Theil zu nehmen, als uns Anderen darzubieten. Ich wenigstens wünschte von solchen Abgaben wegen der Armuth der Rede in Folge eines gewissen Gesetzes bei gemeinsamen Gelagen ganz befreit zu sein. Denn ich höre, daß Menschen von etwas vornehmer Lebensweise, wenn sie der Reihe nach zu einem gemeinsamen Gastmahle die Speisen liefern und unter den Gästen sich ein Armer befindet, diesen ohne Leistung des gemeinsamen Beitrages an dem Mahle Theil nehmen lassen. So möchte auch ich von der Nahrung der Reichen mein Mahl nehmen. Da jedoch dieser treffliche und reiche Bewirther auch uns nicht schont und uns den Dienst aufträgt, so will ich zu ihm sagen: „Freund, leihe mir von deinen Broden!“1 Brod nenne ich aber den Beistand durch das Gebet. Denn wie kann ich eueren durch diesen geistigen Honigseim verwöhnten Ohren mit einer dürftigen und armseligen Rede nahen? Vielleicht wäre es gut, daß wie bei den gymnastischen Kämpfen, ― denn nur die Kräftigen betreten bei diesen den Kampfplatz, die Übrigen aber sind Zuschauer bei den Kämpfen, ― so auch für diesen geistigen Kampfplatz nur Die, welche von der Kraft der Heiligen übersprudeln, sich gegen die Kämpfer rüsten, wenn es aber Einen gibt wie ich, mit grauem Haare, dessen Kraft durch das Alter geschwächt ist, dessen Rede zu zittern und zu stocken beginnt, daß man Diesen an dem Schweiße der Kämpfer sich erfreuen lasse. Wir wollen nun, Brüder, euch mit dem Eingang nicht lange hinhalten. Ihr seid noch von Bewunderung für die Vorredner gefesselt. Ihr seid bereits gesättigt, bereits reich geworden.2 Die Sättigung kommt von Süßigkeiten, und mit diesen hat euch die vorhergehende Rede genährt. Vielleicht möchte man nun eine überflüssige Sättigung auf die Sättigung häufen nach den goldenen S. 387 Worten, wie wenn man mit bleiernen Gewichten das Gedächtniß beschwerte. Doch es trägt oft zur Erhöhung der Schönheit die Mischung des schlechteren Stoffes mit dem besseren bei. Der Beweis liegt nahe. Du siehst diese Decke über deinem Haupte. Wie schön sie anzusehen ist! Wie schön an den Schnitzwerken das Gold schimmert. Diese hat eine ganz goldene Fläche, es sind aber an vielen Ecken gewisse Kreislinien mit blauer Farbe eingezeichnet und eingravirt. Was beabsichtigt nun der Künstler mit der blauen Farbe? Ich glaube, daß das Gold, wenn es neben dem Stoffe, welcher Abwechslung in die Farbe bringt, geschaut wird, um so glänzender leuchte. Wenn nun die unter das Gold gemischte blaue Farbe demselben einen schöneren Glanz bereitet, so ist es vielleicht nicht ungeeignet, daß neben dem Glanze der bereits vorgetragenen Reden auch unsere schwarze Farbe eingetragen werde.
