5.
Den Grund jeglicher Tugend bilden Glaube, Hoffnung, Liebe. Der Glaube, gestützt auf Christus, auf die Schrift und die Tradition, in Verbindung mit den guten Werken, S. 11 bewirkt die Seligkeit, die christliche Hoffnung ist das Unterpfand und die Liebe die Krone derselben. Die Güte und Wohlthätigkeit Gottes gegen seine Geschöpfe soll diese zum Guten antreiben. Die Tugend erwirbt die Seligkeit, das Laster die Verdammniß. Das Böse in der Welt ist Ursache der Strafen Gottes; Gott hat alle Geschöpfe gut erschaffen, zum Nutzen der Menschen; aber das Böse verkehrt das Gute in Schlechtes. Die Bestimmung der körperlichen Sinne findet sich in herrlicher Auffassung dargestellt. Die Märtyrer und überhaupt die Heiligen sind durch ihren Muth ein Beispiel der Tugend. Vor Gott hat nur die wahre Weisheit einen Werth, nicht die falsche menschliche, sondern die untrügliche göttliche Wissenschaft. Wichtig für die Liturgie ist die Erwähnung des Gedächtnisses der Verstorbenen beim heiligen Opfer.
Die Uebersetzung ist nach der Mechitaristenausgabe vom Jahre 1838 geliefert. Der Text ist ganz sicher an vielen Stellen corrupt und defect; darum war es auch nicht immer möglich, das Armenische an manchen Stellen genau wörtlich wiederzugeben. In der kurzen Vorrede, welche die Mechitaristen dem Buche vorausgeschickt haben, berichten sie, daß ihre Ausgabe nach einem im Jahre 1122 geschriebenen Codex gefertigt worden ist, welcher von einem in der armenischen Stadt Sis aufbewahrten Codex aus dem Jahre 378 copirt war; auch lag ihnen ein anderes aus dem Jahre 1074 stammendes Manuscript vor. Zur Zeit, als diese Reden geschrieben wurden, hatte das Armenische noch nicht die eigenen Schriftzeichen, sondern man bediente sich der persischen, syrischen oder griechischen Buchstaben.1
S. 12 Indem ich diese Reden in's Deutsche übertragen der Oeffentlichkeit übergebe, bin ich hiebei von dem Streben ausgegangen, die noch unbekannten Schätze der armenischen Literatur an's Licht zu ziehen und dem deutschen Volke, Laien wie Geistlichen, zugänglich zu machen.
Kunzing, den 2. Juni 1872. Joh. Michael Schmid, Cooperator und k. Lokalschulinspektor.
Neumann, l.c. pag. 12. ↩
