2.
Doch jener Anfang ist nicht derartig. Denn er ist an nichts angeschlossen, von nichts abhängig, wird mit nichts zusammen geschaut; er ist frei, unabhängig, nicht relativ, dem Verstande unerreichbar, über den S. 399 keine Vernunft hinauskommt, über den hinaus man nichts finden kann. Denn versuchst du, mit der Vorstellung deines Verstandes über den Anfang hinauszukommen, so wirst du finden, daß er dir vorauseilt und deinen Gedanken schon entgegenkommt. Laß deinen Geist eilen, soweit er will, und sich zu den höchsten Regionen erheben, du wirst finden, daß er nach tausend Irrungen und vergeblichem Bemühen immer wieder zu sich zurückkehrt, weil er den Anfang nie hinter und unter sich sehen kann. Der Anfang steht eben immer jenseits des Gedachten und über dem Denken.
„Im Anfange also war das Wort.“ O wie wunderbar! Alle diese Worte beieinander sind von gleichem Werte. Das Wörtchen „war“ besagt ja soviel wie der Ausdruck „im Anfange“. Wo ist der Gotteslästerer, wo die christusfeindliche Zunge, die da sagt: Es war einmal, da er nicht war? Höre das Evangelium: „Im Anfange war das Wort.“ Wenn es aber „im Anfange“ war, war es dann „einmal“ nicht? Soll ich ihre Gottlosigkeit beklagen oder ihrer Unwissenheit fluchen? „Allein, ehe er geboren war, war er nicht“, sagen sie. Weißt du denn, wann er geboren ward, daß du das Wörtchen „ehe“ auch wirklich auf die Zeit beziehen kannst? Denn „ehe“ ist eine Zeitpartikel und setzt dem Alter nach das eine vor das andere. Wie kann aber vernünftigerweise der Schöpfer der Zeit eine Zeitberechnungen unterliegende Geburt haben? Also „im Anfange war er“. Gehst du von dem Worte „war“ nicht ab, dann wirst du der verruchten Gotteslästerung keinen Einlaß gewähren. Wie die Seefahrer, die zwischen zwei Ankern schaukeln, den Sturm verachten, so wirst auch du über diese schlimme Verwirrung, die durch die Geister der Bosheit unter die Menschen kam und den Glauben vieler erschüttert, lachen, wenn du deine Seele im sicheren Schutz dieser Worte verankert hast.
