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S. 201 Will aber Jemand dem ersten Geschaffenen etwas mehr einräumen, weil er durch die Hand Gottes gestaltet zu werden gewürdiget ward; so muß ein solcher bedenken, daß dieses Mehr in der Ehre, nicht in der Natur liege. Denn er wurde aus Erde gemacht, wie alle Andern, und dieselbe Hand, welche damals den Adam gestaltete, setzt zusammen und gestaltet auch jetzt und immer dessen Nachkommen. Und dieses hat, wie ich oben erwähnte, Gott selbst zu Jeremias gesagt:1 „Ehe ich dich bildete in Mutterleibe, kannte ich dich.“ Von allem Uebrigen aber sagte er:2 „Meine Hand hat dieses Alles gemacht.“ Und durch Isaias sagte er ferner:3 „So spricht der Herr dein Erlöser, welcher dich im Mutterleibe gestaltete. Ich bin der Herr, ich thue Alles; ich allein spannte den Himmel aus, und befestigte die Erde.“ Auch David, welcher dieses erkannte, sang:4 „Deine Hände haben mich gemacht und gestaltet.“ Und der, welcher den Isaias begeisterte, sagt:5 „So spricht der Herr, der mich von Mutterleibe an zu seinem Knechte bildete,“ deutet dasselbe an. Folglich ist er der Natur nach in Nichts von uns verschieden, obgleich er der Zeit nach früher war, so lange wir alle durch dieselbe Hand zusammengesetzt und gestaltet werden. Wenn ihr also, o Arianer! so auch von dem Sohne Gottes denket, daß auch er auf diese Weise gemacht und entstanden sey; so wird er nach euerer Annahme hinsichtlich der Natur in Nichts von den Andern verschieden seyn, in so fern auch er zuvor nicht war und erst entstand, und ihm wegen der Tugend bei der Erschaffung die Gnade dieses Namens verliehen wurde. Denn auch er ist, wie ihr behauptet, Einer aus diesen, von welchen der Geist in den Psalmen sagt:6 „Er sprach, und S. 202 sie sind geworden; er befahl, und sie waren geschaffen.“ Wer also ist jener, welchem Gott befahl, daß auch er geschaffen werde? Denn es muß ein Wort seyn, welchem Gott befiehlt, und in welchem die Geschöpfe geschaffen werden. Aber ihr könnet kein anderes Wort angeben, außer das, welches ihr läugnet, wenn ihr nicht wieder eine andere Lüge ersinnet. Ja, werden sie sagen, wir haben es gefunden, das nämlich, was ich einst auch die Eusebianer sagen hörte: „Deßwegen glauben wir, habe der Sohn Gottes vor den Andern etwas voraus, und deßwegen werde dieser eingeboren genannt, weil er allein an dem Vater Theil hat, die übrigen Dinge aber an dem Sohne Theil haben.“ Sie mühen sich also mit der Veränderung und Verwechselung der Wörter, wie mit jener der Farben ab; es wird aber auch unter dieser Voraussetzung gezeigt werden, daß sie Eitles von der Erde reden, und mit ihren Gedanken sich gleichsam im Kothe wälzen.
