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S. 213 Aber wollten sie doch wenigstens aus dem, was sie jetzt vorbringen, die Wahrheit eingestehen! Denn wenn sie einmal zugeben, daß Gott Worte hervorbringe, so müssen sie ihn durchaus als Vater anerkennen. Wenn sie aber dieses anerkennen, so mögen sie sehen, ob sie, da sie nicht Ein Wort Gottes zugestehen wollen, ihn nicht zum Vater vieler machen. Daß es jedoch überhaupt ein Wort Gottes gebe, wollen sie nicht läugnen; allein daß dieses der Sohn Gottes sey, geben sie nicht zu; dieses aber ist Verkennung der Wahrheit und Unkunde der göttlichen Schriften. Denn wenn Gott überhaupt Vater eines Wortes ist; warum ist das aus ihm gezeugte Wort nicht Sohn? Wer aber kann wohl wieder Sohn Gottes seyn, als sein Wort? Denn es sind nicht viele Worte, damit nicht ein jegliches mangelhaft sey, sondern das Wort ist nur Eines, damit es selbst allein vollkommen sey, und weil, da Gott Einer ist, auch sein Ebenbild, welches der Sohn ist, Eines seyn muß. Denn der Sohn Gottes ist, wie man aus den Schriften selbst ersehen kann, Gottes Wort, und Weisheit, und Ebenbild, und Hand und Kraft. Denn es gibt nur Ein Erzeugniß Gottes, und dieses sind die Kennzeichen der Zeugung aus dem Vater. Nennest du es nämlich Sohn, so bezeichnest du das, was von Natur aus ihm stammt; oder denkest du dir es als Wort, so denkst du wieder das, was aus ihm ist und von ihm nicht getrennt werden kann; nennest du es aber Weisheit, so denkest du abermals eben so wenig etwas Aeusserliches, sondern das, was aus ihm und in ihm ist; nennest du es aber Kraft und Hand, so nennest du wieder das, was der Wesenheit eigen ist; und nennest du es Ebenbild, so bezeichnest du den Sohn. Denn was könnte wohl Gott ähnlich seyn, ausser das, was aus ihm gezeugt wird? Gewiß ist das, was durch das Wort gemacht wurde, auch durch die Weisheit gegründet worden. Und was durch die Weisheit gegründet wurde, das ist alles mit der Hand S. 214 gemacht und durch den Sohn geschaffen worden. Und davon haben wir nicht von Aussen her, sondern aus den Schriften die Bestätigung. Denn Gott selbst spricht durch den Propheten Isaias:1 „Meine Hand hat die Erde gegründet, und meine Rechte hat den Himmel befestiget.“ Und wiederum:2 „Und unter dem Schatten meiner Hand werde ich dich beschirmen, mit der ich den Himmel gemacht, und die Erde gegründet habe.“ David aber, welcher dieses vernahm und wußte, daß die Hand die Weisheit selbst sey, sang:3 „Alles hast du mit Weisheit gemacht: die Erde ist voll deiner Schöpfung;“ wie auch Salomon, welcher es von Gott vernahm, sagte:4 „Gott hat mit Weisheit die Erde gegründet.“ Auch Johannes, welcher wohl wußte, daß das Wort die Hand und die Weisheit sey, begann sein Evangelium so:5 „Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dasselbe war im Anfange bei Gott. Alles ist durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht.“ Der Apostel endlich, welcher einsah, daß die Hand, die Weisheit und das Wort der Sohn selbst sey, sagte:6 „Nachdem Gott in der Vorzeit vielfältig und auf mancherlei Weise zu den Vätern durch die Propheten geredet, hat er in diesen letzten Tagen auch zu uns durch den Sohn geredet, den er zum Erben über Alles gesetzt, durch den er auch die Welt geschaffen hat.“ Und wiederum:7 „Ein Herr Jesus Christus, durch welchen Alles ist, und durch den auch wir sind.“ Da er aber auch wußte, daß das Wort, die Weisheit und der Sohn das Ebenbild des Vaters sey, sagte er in dem Briefe an die Kolosser:8 „Gott und dem Vater danket, der uns tüchtig gemacht hat, Theil zu nehmen an dem Erbe der Heiligen in dem Lichte. Er hat uns errettet aus der S. 215 Gewalt der Finsterniß, und uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes, in welchem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden. Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborne aller Kreaturen; denn durch ihn ist Alles geschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, seyen es Throne oder Herrschaften oder Fürstenthümer oder Gewalten; Alles ist durch ihn und in ihm geschaffen; und er ist vor Allem, und Alles besteht in ihm.“ Denn wie Alles durch das Wort geschaffen ist, so ist es auch, weil es das Ebenbild ist, in ihm geschaffen. Wer also so von dem Herrn denkt, der wird nicht stossen an den Stein des Anstosses, sondern vielmehr hinzutreten zum Glanze im Angesichte des Lichtes der Wahrheit. Denn dieß ist ja die Lehre der Wahrheit, und sollten auch jene Hartnäckigen zerbersten, welche weder Gott verehren, noch durch Beweise widerlegt sich schämen.
