2.
Wer also Gott wahrhaft nachfolgen will, muß sich von den Banden der leidenschaftlichen Anhänglichkeit an dieses Leben frei machen; Dieses geschieht aber durch gänzliche Lostrennung und Vergessen der alten Gewohnheiten. Verzichten wir also nicht gänzlich auf fleischliche Verwandtschaft und Lebensgemeinschaft und versetzen uns gleichsam geistig in eine andere Welt nach dem Beispiele dessen, der da sagt: „Denn unser Wandel ist im Himmel;“1 so sind wir nicht im Stande, unser Ziel, Gott wohlgefällig zu werden, zu erreichen, da der Herr ausdrücklich sagt: „So kann auch Keiner von euch, der nicht Allem entsagt, was er besitzt, mein Jünger sein.“2 Haben wir aber Dieses gethan, so müssen wir vorzüglich darüber wachen, daß unser Herz niemals den Gedanken an Gott verliert oder die Erinnerung an seine Wunder mit eiteln Einbildungen befleckt; sondern wir müssen den heiligen Gedanken an Gott beständig und in reinem Andenken unserer Seele eingeprägt wie ein unauslöschliches Siegel bei uns tragen. Denn auf diese Weise S. 64 gelangen wir zur Liebe gegen Gott, die uns zugleich antreibt, die Gebote des Herrn zu erfüllen, sowie sie wiederum von diesen immer und ungestört erhalten wird. Auch Dieses deutet der Herr an, indem er einmal sagt: „Wenn ihr mich liebt, so haltet meine Gebote.“3 Dann sagt er aber wieder: „Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibet ihr in meiner Liebe.“4 Und was uns ganz besonders beschämen muß: „So wie auch ich meines Vaters Gebote gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.“5
