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Wie schrecklich aber die Unenthaltsamkeit sei, zeigt ebenfalls der Apostel, indem er sie unter die Ursachen des Abfalls zählt, indem er sagt: „In den letzten Tagen werden schwere Zeitverhältnisse eintreten, denn die Menschen werden voll Eigenliebe sein,“1 und dann, nachdem er mehrere Arten von Bosheit aufgeführt hat, hinzufügt: „Verleumder, Unmäßige.“2 Auch ist das größte Unrecht, dessen Esau beschuldigt wird, seine Unenthaltsamkeit, indem er für ein einzig Gericht das Recht der Erstgeburt verkaufte. Auch war der erste Ungehorsam des Menschen eine Folge der Unenthaltsamkeit. Dagegen wird von allen Heiligen die Enthaltsamkeit bezeugt. Ja das ganze Leben der Heiligen S. 91 und Seligen, sowie selbst der Wandel des Herrn im Fleische ist ein uns dazu einladendes Beispiel. Moses empfing durch anhaltendes Fasten und Beten das Gesetz und hörte Gott so reden, wie wenn Jemand, sagt er, mit seinem Freunde redet. Elias wurde dann der Anschauung Gottes gewürdigt, als auch er in gleichem Maße enthaltsam gewesen war. Wie war es mit Daniel? Wie gelangte er zur Anschauung der Wunder? Nicht nach zwanzigtägigem Fasten? Wie löschten die drei Jünglinge die Gewalt des Feuers aus? Nicht durch die Enthaltsamkeit? Auch das ganze Leben des Johannes war eine fortgesetzte Enthaltsamkeit. Mit ihr fing auch der Herr sein öffentliches Auftreten an. Enthaltsamkeit nennen wir aber nicht die gänzliche Enthaltung von Speisen, — denn das hieße den Leib gewaltsam zerstören, — sondern die Enthaltung von den Annehmlichkeiten, welche dazu dient, den Stolz des Fleisches der Frömmigkeit zu Liebe zu vernichten.
