1. Antwort
Die frühere Erörterung hat gezeigt, daß die Demuth, Einfalt, Nüchternheit in Allem, Genügsamkeit nothwendig sei, damit uns die körperlichen Bedürfnisse möglichst wenig Veranlassung zu Zerstreuungen geben. Denselben Gesichtspunkten muß man auch rücksichtlich der Kleidung folgen. Denn wenn wir vor Allem dahin streben müssen, die Letzten zu sein, so müssen wir offenbar auch hierin das Letzte vorziehen. Denn wie die ehrsüchtigen Menschen sich selbst durch ihre Kleiderhüllen Ruhm verschaffen und wegen der Kostbarkeit ihrer Kleidung angestaunt und bewundert werden wollen, ebenso gewiß ziemt es sich für Denjenigen, der durch die Demuth sein Leben aufs Äusserste erniedrigt hat, auch hierin das Allerletzte für sich zu wählen. Denn gleichwie die Korinther wegen des gemeinsamen Mahles getadelt werden, weil sie durch ihren übergroßen Aufwand Die beschämen, welche Nichts haben;1 ebenso beschämt denn doch auch gewiß Derjenige, welcher bei der ohnehin schon allgemein prunkhaften Kleidung sich noch prächtiger kleidet als die Übrigen, den Armen, wenn dieser einen Vergleich anstellt. Da nun aber der Apostel sagt: „Sinnet nicht auf Hohes, sondern haltet euch zu dem Demüthigen,“2 so erforsche ein Jeder sich selbst, wem die Christen am füglichsten ähnlich sind, ob Denjenigen, welche in Palästen S. 104 wohnen und mit weichen Kleidern angethan sind, oder dem Boten und Herolde der Ankunft des Herrn; kein größerer als er stand auf unter den von Weibern Gebornen. Ich meine Johannes, den Sohn des Zacharias, dessen Kleid aus Kameelhaaren bestand. Auch die alten Heiligen gingen einher „in Schafpelzen und Ziegenfellen.“3
