Über den Taufritus.
Wir haben nun heilig gesagt, daß das Ziel unseres heiligen Standes die größtmögliche Verähnlichung und Vereinigung mit Gott ist. Diese erlangen wir aber, wie die Heilige Schrift lehrt, vor allem durch Liebe zur Beobachtung der Gebote und durch heilige Handlungen. Denn sie sagt: Wer mich liebt, der wird meine Worte bewahren, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden kommen und Wohnung bei ihm nehmen.
Welches ist also der Anfang der heiligen Beobachtung der erhabensten Gebote? Das ist, sage ich, die Verleihung unserer göttlichen Wiedergeburt, die unsere seelische Verfassung bereitmacht für die übrigen heiligen Worte und Werke und uns den Weg bereitet zum Genuß der überhimmlischen Ruhe. Denn, wie unser berühmter Lehrer sagt, ist die erste Bewegung des Geistes zum Göttlichen hin die Liebe Gottes, der erste Schritt der heiligen Liebe aber zur heiligen Beobachtung der göttlichen Gebote ist die unaussprechliche Herstellung unseres göttlichen Zustandes (status, Seinsverfassung). – Da nämlich diese göttliche Seinsverfassung eine göttliche Geburt ist, so wird niemals jemand etwas von den von Gott mitgeteilten Dingen erkennen oder gar tun, dem nicht eben diese Seinsverfassung von Gott verliehen ist. – Müssen wir nicht auch (menschlich gesprochen) erst sein, um dann auf unsere Art handeln zu können? Denn was überhaupt nicht ist, das hat weder Bewegung noch Wesen; was aber irgendwie ist, das nur wirkt und erleidet, was seiner Natur und Seinsverfassung entspricht. Das ist nun, denke ich, klar. So wollen wir denn die göttlichen Zeichen der göttlichen Geburt betrachten. Doch kein Unvollkommener soll mir zu dieser Betrachtung kommen: Denn für schwache Augen ist es gefährlich, in die strahlende Sonne zu schauen, und für uns wäre es schädlich, uns an etwas heranzuwagen, was zu hoch für uns ist. So hat ja auch jene wahre Hierarchie des Alten Bundes den Ozias verflucht, weil er Heiliges berührte, den Kore, weil er sich an etwas vergriff, was zu erhaben für ihn war, Nadab und Abihu, weil sie das ihnen Zustehende nicht angemessen verwalteten.
