6. Kap. Hinweis auf die, welche durch unglückliche Schicksale und Zufälle auf martervolle Weise ihr Leben verlieren, ohne Verdienst davon zu haben.
Wir wollen von dergleichen Beispielen einer Standhaftigkeit, die aus affektiertem Wesen entspringt, nicht weiter reden. Wenden wir uns zur Betrachtung des menschlichen Loses selbst! Wie oft sind Menschen bei Feuersbrünsten lebendig verbrannt! Wie oft haben wilde Tiere sowohl in den Wäldern als auch mitten in den Städten, aus ihren Käfigen entsprungen, Menschen erwürgt! Wie viele sind von Räubern mit dem Schwerte oder von Feinden sogar am Kreuze umgebracht worden, nachdem sie vorher gemartert, ja sogar mit Schmach jeder Art gesättigt worden waren! Ein jeglicher ist S. 223imstande, selbst eines Menschen halber Dinge zu erdulden, die er für die Sache Gottes zu dulden zaudert. Dafür wenigstens dürften uns sogar die gegenwärtigen Zeitläufe1 zum Beweise dienen, wie viele und wie angesehene Personen ein Lebensende finden, wie man es ihrer Abkunft, ihrer hohen Stellung, ihrer körperlichen Beschaffenheit und ihrem Alter nach nicht erwarten konnte, um eines bloßen Menschen willen, entweder durch ihn, wenn sie gegen ihn gehandelt haben, oder von seinen Gegnern, wenn sie zu ihm gehalten hatten.
Anspielung auf die Ereignisse der Jahre 202 bis 205, auf den Sturz des Plautian und die Hinrichtung der Generale Laetus uns Crispus. ↩
