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Die schöne Erklärung aber über den Sinn seiner Worte: „Gott habe die Sonne unter die Herrschaft des Tages und den Mond unter die Herrschaft der Nacht gestellt“1, gab uns der Prophet selbst. Eben im 103. Psalme [Hebr. Ps. 104], den wir oben angezogen haben, schrieb S. 137 er nämlich: „Er schuf den Mond für die (wechselnden) Zeiten, die Sonne erkannte ihren Niedergang“2. Beschließt der Tag mählich seiner Stunden Lauf, so erkennt die Sonne, daß sie niedergehen müsse. So steht also die Sonne unter der Herrschaft des Tages ― und der Mond unter der Herrschaft der Nacht. Er muß sich dem Wechsel der Zeiten fügen: eben noch erstrahlt er im Vollglanze: da verblaßt er.
[Forts. v. S. 137 ] Die meisten Autoren freilich scheinen unsere Stelle mystisch auf Christus und die Kirche zu beziehen. Christus habe, da er sprach: „Vater, die Stunde ist gekommen, verherrliche Deinen Sohn“3, den Leidenstod seiner Menschheit erkannt, auf daß durch diesen seinen Untergang der Vater allen, die vom Untergange des ewigen Todes bedroht waren, das ewige Leben verleihe, und die Kirche ihre Zeiten habe, die der Verfolgung und des Friedens. Denn gleich dem Monde scheint sie abzunehmen, nimmt aber tatsächlich nicht ab. Dunkle Schatten können sie verhüllen, abnehmen kann sie nicht. Sie nimmt mit dem Abfalle des einen und anderen bei Verfolgungen nur ab, um mit dem Bekenntnisse der Märtyrer zum Vollglanze zu gelangen; um, vom Ruhme des sieghaft für Christus vergossenen Blutes überstrahlt, noch herrlicheres Licht der Frömmigkeit und des Glaubens über den ganzen Erdkreis auszuströmen. Denn nur eine Abnahme des Lichtes, nicht des Umfanges erleidet der Mond4, wenn er allmonatlich sein Licht abzugeben scheint, um es der Sonne wiederum zu entlehnen, eine Erscheinung, die sich bei reiner klarer Luft, wenn keine Nebelhülle ihn verdunkelt, leicht beobachten läßt: die Mondscheibe bleibt ganz, wenn sie auch nicht ganz im nämlichen Lichte erstrahlt wie ein Teil derselben. An Umfang ist sie genau so groß, wie man sie bei Vollmond sieht; sie sieht aber infolge der Verdunkelung so her, als wäre sie ihres Lichtes beraubt. Es glänzen daher nur noch ihre Sicheln; ihre Gestalt ist nämlich kreisförmig und wird als solche noch angedeutet, wenn ihr Licht teilweise abnimmt.
