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1Auch vom Monde trifft Ähnliches zu, was wir S. 158 von seiner Genossin und Schwester2 hervorgehoben haben. Er bekleidet ja mit der Schwester den nämlichen Dienst; hellt die Finsternis auf, hegt die Samen, fördert die Frucht. Manches auch hat er verschieden von der Schwester: so ersetzt der Tau in der kurzen Spanne der Nacht genau die Feuchtigkeit, welche die Hitze den ganzen Tag über auftrocknet. Auch der Mond selbst soll ja reichlich von Tau triefen. So ergießt sich denn, wie man versichert, gerade bei heiterer Nacht und nächtlichem Mondschein besonders reichlicher Tau über die Fluren. Und gar mancher, der im Freien nächtigte, machte die Wahrnehmung, daß auf seinem Haupte um so mehr Feuchtigkeit sich ansetzte, je mehr er dem Mondlicht ausgesetzt war. Darum auch Christi Entgegnung im Hohen Liede der Kirche gegenüber: „Mein Haupt ist voll des Taues und meine Locken perlen von nächtlichen Tropfen“3. ― Ferner sodann nimmt der Mond ab und zu. Den geringsten Umlauf hat er bei seiner Verjüngung als Neumond; zu nimmt er auf seine Abnahme hin. Darin nun liegt ein großes Geheimnis. Es machen nämlich die Naturdinge sowohl seine Abnahme mit, wie sie auch nach ihrer Abnahme mit seinem Wachstum zunehmen: so das Hirn der lebenden Wesen, die Saftmenge der Seetiere; am vollsaftigsten sollen ja die Austern und die vielen anderen (Muscheltiere) bei zunehmendem Monde sein. Vom Inneren der Bäume berichten Leute, die aus eigener Erfahrung schöpfen, dasselbe. Daraus sehen wir also, daß die Zunahme und Abnahme des Mondes auf Zweckmäßigkeit beruht, nicht Mangelhaftigkeit verrät. Er würde ja nimmer eine so große Veränderung bei den Dingen hervorrufen, käme ihm nicht ein besonderes Maß von Kraft und Vorzüglichkeit zu, das ihm vom Schöpfer verliehen wurde.
