Text.
Cölestinus, der Bischof, (sendet) dem Cyrillus, Bischof von Alexandrien, (seinen Gruß).
1. Ich sehe, daß sich der Ausspruch des hochweisen Salomo1 erfüllte. Denn nicht anders, als ein Dürstender kaltes Wasser, empfieng ich von fernen Landen die abermalige Nachricht durch das Schreiben deiner Liebe, welches uns gegenseitig in gemeinsamer Berathung verbindet. Die Beruhigung der Kirchen und des katholischen Glaubens darf man unschwer erhoffen, da wir die christlichen Kaiser S. 456 sich dafür auf solche Weise bemühen sehen. Die Sorge des Herrschers, besonders in göttlichen Angelegenheiten, bleibt nicht erfolglos, da sie Gott betrifft, welcher die Herzen der Könige getreu leitet.2 Daher erwidern wir deiner Heiligkeit in Kürze.
2. Du fragst nemlich, ob die heilige Synode den Mann aufnehmen dürfe, wenn er seine Lehre verdammt, oder ob die gegen ihn längst verhängte Sentenz in Kraft bleibe, weil die gewährte Frist verstrichen ist. Hierüber wollen wir in gemeinsamer Berathung den gemeinsamen Herrn befragen. Antwortet er uns nicht sogleich durch den Propheten,3 er wolle nicht den Tod des Sterbenden, und durch den Apostel Paulus,4 er wolle, daß alle Menschen selig werden und zur Erkenntniß der Wahrheit gelangen? Niemals mißfällt es Gott, wenn sich wer immer schneller bessert. Darum sei es die Sorge deiner Heiligkeit mit dem ehrwürdigen Rathe der Brüder, daß die in der Kirche eutstandenen Unruhen unterdrückt werden und wir erfahren, daß die Angelegenheit unter Gottes Beistand mit der erwünschten Besserung beendet sei.
3. Wir sagen nicht, daß wir bei der Versammlung fehlen; denn wir können auch nicht von Jenen fern sein, mit welchen, sie mögen wo immer sich befinden, uns dennoch der eine Glaube verbindet. Ich will nicht, daß wir nach diesem Körper gemeint werden, dessen Gegenwart der Apostel für schwach bezeichnet.5 Wir sind daselbst, weil wir das denken, was dort für Alle verhandelt wird; wir thun geistiger Weise, was wir dem Leibe nach nicht thun. Ich bemühe mich um die katholische Ruhe, ich bemühe mich um das Heil des Verirrten, wenn er nur seine Krankheit bekennen wollte. Dieß sagen wir deshalb, damit es nicht S. 457 etwa den Anschein habe, als kämen wir dem sich Bekehrenden nicht entgegen. Denn wenn er trotz unserer Langmuth auch fernerhin noch Disteln trägt,6 so sollen die früheren Bestimmungen in Kraft bleiben und er die Frucht seines eigenen Gerichtes genießen;7 er soll ernten, was er mit Hilfe des Teufels gesäet hat, und nicht durch unseren Beschluß, sondern durch seine eigene Schuld dem Verderben anheimfallen. Er möge sich überzeugen, daß wir zum Blutvergießen nicht schnelle Füße haben,8 wenn er sieht, daß ihm auch das Heilmittel angeboten wurde.
4. Jenen aber, von welchen deine Brüderlichkeit sagt, daß sie sich bezüglich des katholischen Glaubens verdächtig benehmen, müssen wir auf ihre etwaige Schreiben je nach Umständen erwidern. Hierin wird es Niemand hinterlistiger Weise erreichen, daß wir nicht mit größter Sorgfalt zu Werke gehen.9 Gegeben am 7. Mai unter dem Consulate der erlauchten Männer Bassus und Antiochus.10
Sprüchw. 25, 25. ↩
Sprüchw. 21, 1. ↩
Ezech. 18, 32. ↩
I. Tim. 2, 4. ↩
II. Cor. 10, I0. ↩
Isa. 5, 2. ↩
D. h. das Gericht, welches er selbst über sich herbeigeführt, soll an ihm erfüllt werden. ↩
Ps. 13, 3. ↩
Dieß ist besonders mit Rücksicht auf den Bischof Johannes von Antiochia und einige andere syrische Bischöfe gesagt, welche den Cyrillus wegen seiner 12 Anathematismen verdächtigten und so sich selbst bei Cyrillus in den Verdacht einer Parteinahme für den Irrthum des Nestorius brachten. ↩
D. i. i. J. 431. ↩
