Text.
Cölestinus (entbietet) der heiligen, in Ephesus versammelten Synode (seinen Gruß).
1. Von der Gegenwart des heiligen Geistes giebt Zeugniß die Versammlung der Bischöfe. Denn sicher ist, was wir lesen (weil die Wahrheit nicht lügen kann, deren Ausspruch also lautet):1 „Wo Zwei oder Drei in meinem Namen versammelt sind, da bin auch ich in ihrer Mitte." Wenn dem so ist, wenn der heilige Geist einer so kleinen Zahl seine Gegenwart nicht vorenthält, um wie viel mehr müssen wir nun an seine Gegenwart glauben, wo eine so große Schaar von Heiligen versammelt ist? Heilig und verehrungswürdig nemlich ist die Versammlung, durch welche wir an die so zahlreiche und ehrwürdige Versammlung der Apostel2 erinnert werden. Niemals fehlte er Jenen, welche S. 461 seine Verkündigung übernommen hatten; stets stand er ihnen zur Seite, der Herr und Meister, nie wurden die Lehrenden von ihrem Lehrer verlassen. Jener lehrte (sie), welcher (sie) gesendet hatte, er lehrte (sie), welcher auch gesagt hatte, was sie lehren sollten. Jener lehrte, welcher bekräftigt, daß in seinen Aposteln er gehört werde.3 Diese Sorge für die aufgetragene Verkündigung gieng im Allgemeinen auf alle Bischöfe des Herrn über; denn wir sind zu dieser Sorge nach dem Erbrechte verpflichtet, die wir in den verschiedenen Ländern an ihrer Statt den Namen des Herrn verkündigen, da ihnen gesagt wird:4 „Gehet, lehret alle Völker!"
2. Euere Brüderlichkeit sieht, daß wir einen allgemeinen Auftrag erhielten; er wollte, daß auch wir alle thun, was er ihnen allen gemeinschaftlich befohlen; wir müssen dem Amte unserer Urheber folgen; nehmen wir alle ihre Arbeiten auf uns, in deren Würden wir eingetreten sind. Schenken wir ihre Sorgfalt der schon verkündeten Lehre, nach welcher wir, wie der Apostel5 ermahnt, keine andere Lehre mehr gestatten dürfen. Die Bewahrung der Lehre ist keine geringere (Ehre) als das Amt, sie zu verkündigen. Jene mögen sich rühmen, den Glauben gesäet zu haben; unsere Sorge soll ihn bewahren, damit unser Hausvater bei seiner Ankunft unverfälschte und vielfältige Frucht finde, dem allein das Gedeihen zugeschrieben wird. Denn nach dem Worte6 des Gefäßes der Auserwählung genügt das Pflanzen und Begießen nicht, wenn Gott nicht das Wachsthum verleiht. Daher müssen wir mit vereinten Kräften dahin trachten, daß wir das uns Anvertraute und durch die apostolische Nachfolge bis jetzt Bewahrte erhalten. Das wird (von Nestorius) an uns gerügt, daß wir nach dem Apostel wandeln.7 Denn nicht um etwas Sinnliches8 handelt es sich jetzt, sondern um unseren Glauben. S. 462
3. Wir müssen nach geistigen Waffen greifen, weil es ein geistiger Kampf ist, und nach Geschoßen von Worten, damit wir in dem Bündnisse unseres Königs ausharren. Wir alle sind jetzt nach der Mahnung des Apostels auf eben demselben Posten, auf welchem er den Timotheus zu verbleiben ermahnt.9 Derselbe Posten, dieselbe Sache fordert auch jetzt die gleiche Pflicht. Thun also auch wir, was Jener damals zu thun übernommen: daß Keiner anders denke, Keiner mit Fabeln sich befasse, welche so viele Streitfragen veranlassen, wie er selbst befohlen hat.10 Seien wir einmüthig, eines Sinnes, weil es so frommt. Nichts sollen wir aus Streitsucht, Nichts aus eitlem Ehrgeiz thun, Alle sollen eine Seele und ein Herz haben.11 Wann immer der Glaube, welcher e i n e r ist, gefährdet wird, so soll Dieses mit uns das ganze Collegium12 gemeinsam bedauern, ja beweinen. Der wird vor Gericht gezogen, welcher die Welt richten wird; über Den werden Untersuchungen angestellt, welcher Alle prüfen wird, und Schmach erleidet, der (uns) erlöst hat. Euere Brüderlichkeit rüste sich mit den Waffen Gottes.13 Ihr wisset, welcher Helm unser Haupt schützt, welcher Panzer unsere Brust bedeckt, nicht jetzt erst hat euch das Lager der Kirche als Führer aufgenommen. Keiner zweifle, daß unter dem Beistande des Herrn, welcher aus Beiden Eines macht,14 die Waffen bei Seite gelegt werden und Friede eintreten wird, wo die Sache sich selbst vertheidigt.
4. Führen wir uns auch wieder jene Worte unseres Lehrers vor Augen, welche er recht eigentlich mit Bezug auf die Bischöfe gebraucht:15 „Habet Acht auf euch und auf die ganze Heerde, in welcher euch der heilige Geist zu Bischöfen eingesetzt hat, die Kirche Gottes zu regieren, die S. 463 er mit seinem Blute sich erworben hat." Wir lesen demnach, daß Jene, welche Dieß hörten, eben dorthin berufen wurden, wohin sich jetzt euere Heiligkeit versammelt hat.16 Den Ephesiern also, welchen die Predigt des Glaubens bekannt ist, soll nunmehr auch der Schutz bekannt werden, welchen ihr diesem angedeihen lasset. Zeigen wir ihnen die Standhaftigkeit unseres Geistes mit jener Ehrfurcht gegen das, was würdig, was erhaben^ ist, was ein langer Friede mit frommem Sinne bewahrte und bisher unversehrt herrschte! Niemals wurden gegen den König der Könige Worte tyrannischer Herrschaft gestattet noch konnte die Sache der Wahrheit durch Falschheit unterdrückt werden. Ich ermahne euch, geliebteste Brüder, jene Liebe im Auge zu behalten, in welcher wir nach dem Worte des Apostels Johannes,17 dessen Reliquien ihr an dem Orte euerer Anwesenheit verehret, verbleiben sollen. Unser Gebet zum Herrn sei gemeinsam. Wir wissen, welche Kraft seiner göttlichen Gegenwart innewohnt, wenn eine solche Menge von Bischöfen betet, da jener Ort erschüttert wurde, an welchem, wie wir lesen,18 die Zwölf einmüthig beteten. Warum aber beteten die Apostel? Damit sie nemlich (die Gnade) erhielten, mit Zuversicht zu reden das Wort Gottes und durch seine Hand Wunder zu wirken,19 welche Macht sie von Christus, unserem Gott, empfangen hatten. Und was soll nun euere Versammlung Anderes erbitten, als daß ihr mit Zuversicht redet das Wort des Herrn, als daß er erhalten möge, was er verkündigen ließ, damit ihr, vom heiligen Geiste erfüllt, wie geschrieben steht,20 wenn auch mit verschiedenem Munde, so doch das Eine verkündigt, was der (heilige) Geist selbst lehrte? Durch alles Dieses in Kürze ermuthigt, weil ich, wie der Apostel sagt, vom Gesetze zu denen rede, welche es kennen,21 und die S. 464 Weisheit verkünde den Vollkommenen,22 kämpfet für den katholischen Glauben und die Ruhe der Kirchen; kämpfet, weil man so sagen muß, für die Vergangenheit, für die Gegenwart und für die Zukunft, indem ihr um Das bittet und Das bewahret, was Jerusalem zum Frieden dient.23
5. Wir sendeten, um die Sorge an unserer Statt zu übernehmen, unsere heiligen Brüder und Mitbischöfe, Männer, die eines Sinnes mit uns und ganz erprobt sind, die Bischöfe Arcadius und Projectus und unsern Priester Philippus, damit sie den Verhandlungen beiwohnen und ausführen, was schon früher24 von uns beschlossen wurde. Wir zweifeln nicht, daß euere Heiligkeit Demselben beistimmen werde, wenn ihr sehet, daß der Beschluß zur Sicherung der gesammten Kirche gefaßt worden sei. Gegeben am 8. Mai unter dem Consulate des Bassus und Antiochus.25
Matth. 18, 20. ↩
Apostelg. 15. ↩
Luk. 10, 16. ↩
Matth. 28, 20. ↩
Gal. 1, 8 u. 9. ↩
I. Cor. 3, 7. ↩
D. i. die Lehre des Apostels festhalten. ↩
Species d. i. etwas Sichtbares, Irdisches, Vergängliches. ↩
In Ephesus nemlich: I.Tim. 1, 3. ↩
Ebend. 1, 4 u. 4, 17. ↩
Philipp. 2, 2 u. 3. ↩
Der Bischöfe nemlich. ↩
Ephes. 6, 17. ↩
Ephes. 2, 14. ↩
Apostelg. 20, 28. ↩
Mit Bezug auf Apostelg. 20, 17. ↩
I. Joh. 3. 17 u, 4, 16. ↩
Apostelg. 4, 31. ↩
Ebend. 4, 29 u. 30. ↩
Ebend. 4, 31. ↩
Röm. 7, 1. ↩
I. Cor. 2, 6. ↩
Ps. 121, 6. ↩
Ueber Nestorius auf der in der Einleitung zum 10. Briefe (s. oben S. 147) erwähnten römischen Synode. ↩
D. i. i. J. 431. ↩
