7. Kapitel
11. Nach Abschluß der historischen Darstellung ist unser Zuhörer mit der Auferstehungshoffnung vertraut zu machen: Entsprechend seiner Aufnahmefähigkeit und körperlichen Verfassung, entsprechend auch der Zeit, die zur Verfügung steht, behandeln wir in Auseinandersetzung mit dem törichten S. 29 Gespött der Gottlosen die Auferstehung des Körpers und das zukünftige Letzte Gericht mit seiner Güte gegenüber den Guten, mit seiner Strenge gegenüber den Bösen, mit seiner Unparteilichkeit gegenüber allen. Nachdem wir voll Abscheu und Entsetzen an die Strafen der Gottlosen erinnert haben, wollen wir voll Sehnsucht das Reich der Gerechten und Gottgläubigen und jene himmlische Stadt in ihrer Seligkeit darstellen. Dann wollen wir den Menschen in seiner Schwachheit mit Einsicht und Mut wappnen gegen die Versuchungen und Ärgernisse, die ihm von außen und aus dem Innern der Kirche begegnen: einerseits also gegen die Heiden, Juden und Häretiker, anderseits gegen die Spreu auf der Tenne des Herrn. Dabei brauchen wir uns nicht mit jeder einzelnen Kategorie dieser verdorbenen Menschen auseinanderzusetzen, auch nicht all ihre verdrehten Meinungen Punkt um Punkt zu widerlegen, wir wollen vielmehr bei der kurzen uns zur Verfügung stehenden Zeit zeigen, daß diese Entwicklung vorausgesagt wurde1 und welchen Nutzen diese Versuchungen für die Belehrung der Gläubigen haben und welches Heilmittel wir dagegen am Beispiel der Geduld Gottes besitzen, der sich entschied, diese Versuchungen bis ans Ende zuzulassen.
Während wir nun unseren Hörer gegen jene verdorbenen Massen geistig wappnen, die die Kirchen durch ihre äußerliche Anwesenheit füllen, wollen wir ihm gleichzeitig kurz und zurückhaltend die Gebote für einen christlichen und ehrenhaften Lebenswandel in Erinnerung rufen, damit er sich nicht so leicht von Trinkern, Habgierigen, Betrügern, Glücksspielern, Ehebrechern, Unzüchtigen, Theaterliebhabern, Trägern von gottlosen Amuletten, Zauberern, Sterndeutern und Vertretern sonstiger sinnloser und verderblicher Wahrsagekünste sowie von anderen Menschen dieses Schlages verführen läßt und damit er auch nicht glaubt, er könne selber etwas ungestraft tun, wenn er sieht, daß viele, die dem Namen nach S. 30 Christen sind, daran Gefallen finden, sich damit beschäftigen, es in Schutz nehmen, es empfehlen, ja dazu überreden wollen. Welches Ende für jene Leute vorherbestimmt ist, die in solchem Lebenswandel verharren, daß sie zwar innerhalb der Kirche zu dulden, am Ende aber auszusondern sind, darüber müssen wir ihn aus den Zeugnissen der göttlichen Bücher gründlich belehren. Im weiteren müssen wir ihm im voraus sagen, daß er in der Kirche viele gute Christen antreffen werde, im wahrsten Sinn Bürger des himmlischen Jerusalem,2 falls er nur selber damit anfängt, ein guter Christ zu sein. Schließlich müssen wir ihn eindringlich davor warnen, ja nicht die Hoffnung auf den Menschen zu setzen3: Zum einen sei es nämlich für den Menschen nicht leicht zu entscheiden, welcher Mensch gerecht ist, zum andern – selbst wenn das leicht geschehen könnte – seien uns die Gerechten nicht deshalb als Beispiel vor Augen gestellt, damit wir von ihnen gerechtfertigt werden, sondern damit wir wissen, daß auch wir von ihrem Rechtfertiger gerechtfertigt werden, wenn wir ihnen nachfolgen.
Damit erreichen wir etwas, worauf größtes Gewicht zu legen ist: Wenn nämlich der, der uns zuhört, vielmehr durch unseren Mund Gott zuhört, allmählich Fortschritte macht in der Lebensführung und in der Kenntnis des Glaubens und voll Eifer den Weg Christi beschreitet, wird er niemals so dreist sein, diesen Erfolg uns oder sich selber zuzuschreiben, er wird vielmehr sich selber, uns und alle anderen, die er als Freunde liebt, in dem und dessentwegen lieben, der ihn als Feind geliebt hat, um ihn zu rechtfertigen und sich zum Freund zu machen.4
Ersparen kann ich mir, glaube ich, den Hinweis, daß du dich kurz fassen kannst, wenn deine oder deiner Zuhörer Zeit beschränkt ist, daß du aber ausführlicher sprechen kannst, <s 31 > wenn mehr Zeit zur Verfügung steht. Ohne daß uns jemand darauf aufmerksam macht, legt uns das die Situation nahe.
