Dritter Artikel. Die Zeugen der Verklärung.
a) Dieselben sind nicht passenderweise angeführt. Denn: I. Zeugen können nur solche sein, die das Betreffende kennen, was sie bezeugen sollen. Also vielmehr Engel, welche in der Herrlichkeit sind und sonach sie bezeugen können, hätten zugegen sein müssen wie die Apostel; damit es feststände, dies sei ein Bild der ewigen Helle. II. Die Zeugen der Wahrheit müssen in wahrhaftiger Wirklichkeit zugegen sein. Von Elias und Moses aber sagt die Glosse: „Es seien nicht ihre Körper da gewesen, sondern ihre Seelen, und die Körper, welche sie gehabt, seien Luftgebilde gewesen; oder es könnte auch sein, daß Engel deren Person vorgestellt hätten.“ III. Act. 10. heißt es, „alle Propheten gäben Zeugnis Christo.“ Also hätten alle da zugegen sein müssen. IV. Alle gläubigen sollen eintreten in die ewige Glorie. Also hätten alle davon einen Vorgeschmack bekommen müssen und nicht bloß die drei Apostel. . Auf der anderen Seite stehen Matth. 17., Mark. 9. und Luk. 9.
b) Ich antworte; Christus wollte verklärt werden, um die Menschen anzuleiten, daß sie nach seiner Herrlichkeit verlangen. Zu solcher Herrlichkeit sind aber berufen auch jene, die vor Ihm gewesen sind. Um dies zu versinnbilden, riefen am Palmsonntage, als das bittere Leiden nahte, die Scharen, die vorausgingen und die folgten: Hosianna (Matth. 21.) und baten Ihn gleichsam um ihr Heil. Also war es zukömmlich, daß von den Ihm vorausgegangenen Menschen Zeugen da seien, nämlich Elias und Moses; und von den Ihm folgenden drei: Petrus, Johannes und Jakobus, damit so in der Rede von zwei oder drei Zeugen alle Rede stehen.
c) I. Die körperliche Herrlichkeit geht allein die Menschen an; also waren da die Engel als Zeugen überflüssig. II. Das Buch Augustins, aus dem diese Glosse genommen wurde, ist nicht authentisch (de mirabilibus S Scripturae). Also ist auf dieselbe nichts zu geben. Denn Hieronymus sagt ausdrücklich (in Matth. 17.): „Man muß erwägen, daß Er den Pharisäern und Schriftgelehrten, die Zeichen vom Himmel her forderten, nicht willfahrte. Hier aber, damit Er den Glauben der Apostel stärke, giebt Er ihnen ein Zeichen vom Himmel. Denn Elias kam von da, wohin er aufgenommen worden war; und Moses kam aus der Vorhölle.“ Das ist nicht so zu verstehen, als ob Moses seinen Leib wieder angenommen hätte; sondern seine wahrhafte Seele erschien vermittelst eines angenommenen Körpers, wie die Engel Körper annehmen. Elias aber erschien mit seinem wirklichen Leibe, mit dem er gen Himmel gefahren, von dem Orte aus, wohin er versetzt worden. III. Darauf antwortet zuvörderst Chrysostomus (hom. 57. sup. Matth.). Elias und Moses erschienen, 1. weil die Volksscharen meinten, Christus sei Elias oder Jeremias oder einer der Propheten; damit also der Herr hier voll unterschieden sei von seinen Dienern, führt Er die Häupter der Propheten mit sich. 2. Elias eiferte für die Ehre Gottes, Moses hat das Gesetz gegeben. Dadurch also daß diese beiden erschienen, ward die Lästerung der Judenwiderlegt, der Herr sei ein Gotteslästerer und Gesetzesverächter. 3. Elias lebte noch, Moses war bereits tot. So erscheint Christus zwischen diesen beiden also als Richter der lebendigen und toten. 4. Nach Lukas sprachen sie mit Jesu von dem Übermaße der Liebe, welches Er vollenden sollte in Jerusalem, also vom Leiden und dem Tode Christi. Damit befestigte Er die Herzen seiner Jünger, indem Er ihnen jene zeigte, die dem Tode sich aussetzten für die Ehre Gottes; denn Moses stellte sich mit Todesgefahr dem Pharao dar und Elias dem Könige Achab. 5. Die Jünger sollten nachahmen den Feuereifer des Elias und die Sanftmut des Moses. 6. Damit Er zeige, wie Hilarius (17. in Matth.) sagt. Er sei gepredigt worden durch das Gesetz, das Er dem Moses gegeben, und durch die Propheten, unter welchen der vorzüglichste eben Elias war. IV. Die Geheimnisse des Glaubens sollen nicht allen unterschiedslos gepredigt werden, sondern vermittelst der mehr erleuchteten den geringeren: „Petrus nun war hervorragend (nach Chrysost. l. c.) in der Liebe zu Christo als dem Ecksteine der Kirche, und in der Gewalt, die ihm anvertraut worden; Johannes war ausgezeichnet durch seine persönliche Liebe zum Heilande und durch die Liebe, welche ihm wegen seiner Jungfräulichkeit der Heiland schenkte und endlich wegen des Vorrechts als Evangelist; Jakobus hatte das Vorrecht des ersten Martertodes unter den Aposteln.“ Jedoch wollte der Herr nicht, daß diese drei vor der Auferstehung den anderen davon sprächen: „Damit nicht die Sache wegen ihrer Größe als unglaublich erschiene und nach so vieler Herrlichkeit das Kreuz, welches folgen sollte, bei den einfachen Ärgernis gebe“ (Hieronymus l. c.).
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