15.
Die nämliche Vision wurde mir noch dreimal zuteil. Sie ist meines Erachtens unter allen Visionen, womit mich der Herr bisher begnadigte, die erhabenste und bringt die herrlichsten Früchte mit sich. Sie scheint die Seele außerordentlich zu reinigen und unserer Sinnlichkeit fast alle Kraft zu entziehen. Sie ist wie eine mächtige Flamme, die alle Begierden dieses Lebens zu verzehren und zu vernichten scheint; denn wenn auch, Gott sei Dank, meine Begierden nicht mehr auf eilte Dinge gerichtet waren, so wurde mir hier doch ganz besonderes klar, wie alles nur Eitelkeit und wie eitel auch alle Herrschermacht dieser Welt ist. Die Seele wird dadurch auf eindringliche Weise unterwiesen, ihre Begierden zur lauteren Wahrheit zu erheben. Es bleibt ihr ferner von dieser Vision eine Ehrfurcht vor Gott eingeprägt, die ich nicht zu beschreiben weiß, die aber sehr verschieden von jener ist, die wir hienieden aus uns selbst erlangen können. Großen Entsetzen befällt die Seele bei dem Gedanken, wie sie es je habe wagen können, aber wie überhaupt jemand die Verwegenheit besitze, eine so erhabene Majestät zu beleidigen. Ich werde schon einigemal von diesen und anderen Wirkungen der Visionen gesprochen haben. Aber ich habe auch bemerkt, daß aus der einen Vision mehr, aus der anderen weniger Wirkung gewonnen werde; aus dieser nun gewinnt man einen überaus großen. Ging ich zur Kommunion und erinnerte ich mich der erhabenen Majestät, die ich geschaut hatte, und dachte ich mir dabei, daß ebenderselbe im Sakramente gegenwärtig sei, wo ich ihn übrigens nach dem Willen des Herrn gar oft in der Hostie schaue, so standen mir die Haare zu Berge, und ich schien ganz vernichtet zu sein.
