39.
Wenn aber gesagt ist (629,2), dass die Kirche vom Vater, nicht von der Mutter her Schwester Christi sei, so wird uns damit nicht die Verwandtschaft nach dem irdischen Stammbaum, der einmal bedeutungslos sein wird, sondern die Verwandtschaft in der himmlischen Gnade, die für alle Ewigkeit bleiben wird, ans Herz gelegt; im Besitz dieser Gnade werden wir nämlich nicht mehr ein vergängliches Geschlecht sein, da es uns durch sie möglich ist, Kinder Gottes zu heissen und es zu sein (I Joh. 3,1). Wir empfangen ja diese Gnade nicht von der Synagoge, der Mutter Christi dem Fleische nach, sondern von Gott, seinem Vater. Was dagegen jene irdische Verwandtschaftslinie betrifft, die den Menschen zeitlich begrenzt zum Tod hin zeugt, da lehrte uns Christus, – indem er uns in ein anderes Leben rief, wo keiner mehr stirbt –, sie zu verleugnen statt uns auf sie zu berufen, als er zu seinen Jüngern sagte (Mt. 23,9): Ihr sollt niemanden auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel ist. Er selber lebte das beispielhaft vor, indem er sagte (Mt. 12,48 f.): ‛Wer ist meine Mutter, wer sind meine Brüder?’ Und er streckte seine Hand über seine Jünger aus und sagte: ‛Dies hier sind meine Mutter und meine Brüder’. Und damit bei diesem Wort niemand an die irdische Verwandtschaft dachte, fügte er hinzu (ib. 50): Und wer immer den Willen meines Vaters tun wird, der ist mir Bruder und Mutter und Schwester, als ob er sagen würde: Ich bezeichne damit meine Verwandtschaft von Gott, meinem Vater, nicht von der Synagoge, meiner Mutter her. Denn ich rufe ja nun zum ewigen Leben, das mir in unvergänglicher Weise von Natur aus zueigen ist, nicht zum zeitlichen Leben, aus dem ich durch mein eigenes Vergänglichwerden herausrufen will.